Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat am Mittwoch vorläufige Zahlen veröffentlicht, die ein leichtes Schrumpfen des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal 2025 belegen. Um 0,1 Prozent sank die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal – preis-, saison- und kalenderbereinigt.
Nach einem noch leicht positiven ersten Quartal (+0,3 Prozent, nach unten korrigiert von ursprünglich +0,4 Prozent) wird deutlich: Die deutsche Wirtschaft stagnierte faktisch und ist nun sogar leicht rückläufig. Besonders alarmierend: Die Schrumpfung fällt in eine Phase, in der man angesichts verbesserter globaler Rahmenbedingungen zumindest mit einem stabilen Wachstum gerechnet hatte.
Hauptverantwortlich für die aktuelle Entwicklung sind laut Destatis die rückläufigen Investitionen in Ausrüstungen und Bauten. Während der private und staatliche Konsum sogar leicht zulegen konnte, reichte dies nicht aus, um die Investitionsschwäche auszugleichen.
Konjunkturexperte Thomas Theobald vom IMK (Hans-Böckler-Stiftung) sieht im aktuellen Abschwung eine erwartbare Korrektur: Im ersten Quartal hatten Unternehmen ihre Exporte vorgezogen – vermutlich als Reaktion auf die damals noch unklaren Entwicklungen in der US-Zollpolitik. Dieses vorgezogene Wachstum fehlt nun.
Für den weiteren Jahresverlauf setzt Theobald auf eine Konjunkturerholung im Herbst, sieht aber zugleich erhebliche Unsicherheiten. Ob die Erholung „dynamisch oder eher mau“ verlaufe, hänge maßgeblich vom Binnenkonsum der privaten Haushalte ab.
Die aktuellen Zahlen werfen jedoch grundsätzliche Fragen auf:
Warum investieren deutsche Unternehmen nicht?
Wie lange kann der Konsum das Wachstum tragen, wenn internationale Unsicherheiten anhalten?
Was bewirkt die zögerliche wirtschaftspolitische Kursbestimmung in Berlin angesichts dieser Entwicklungen?
Hinzu kommt: Die Bauwirtschaft kämpft weiterhin mit hohen Zinsen, Materialkosten und regulatorischen Hemmnissen. Die geopolitischen Spannungen – etwa mit Blick auf den US-Wahlkampf, China, den Nahen Osten – wirken ebenfalls dämpfend auf die Investitionsbereitschaft.
Trotz allem bleibt die Hoffnung auf eine Belebung im Herbst. Der Konsum zeigt sich robust, der Arbeitsmarkt bleibt stabil – doch die Signale aus der Realwirtschaft sind nicht zu ignorieren. Der leichte Rückgang des BIP ist mehr als nur eine statistische Korrektur: Er ist ein Warnzeichen, das politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger ernst nehmen sollten.
OZD
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