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Das Maut-Debakel holt Scheuer doch noch ein

Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht wegen angeblicher Falschaussagen im Maut-Untersuchungsausschuss unter Anklage. Er weist die Vorwürfe zurück und spricht von politischer Motivation.

Der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) muss sich wegen einer mutmaßlichen Falschaussage im Bundestag verantworten. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft erhob am Mittwoch Anklage gegen den 49-Jährigen und seinen damaligen Staatssekretär Gerhard Schulz. Laut Anklage sollen beide im Maut-Untersuchungsausschuss bewusst die Unwahrheit gesagt haben, indem sie ein Angebot der Betreiberfirma Autoticket, Verträge erst nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu unterzeichnen, abgestritten hätten.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, „entgegen ihrer tatsächlichen Erinnerung“ ausgesagt zu haben. Damit gehe es nicht um die politische Verantwortung für das Scheitern der Pkw-Maut, sondern um eine mögliche Straftat. Falschaussagen vor Untersuchungsausschüssen sind nach deutschem Recht strafbar.

Scheuer reagierte empört und erklärte gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Ich werde mich gegen diesen unbegründeten Vorwurf mit aller Kraft zur Wehr setzen und meine Unschuld verteidigen.“ Der CSU-Politiker sprach von einer politisch motivierten Anklage und einem „Sommerloch-Manöver“.

Die Pkw-Maut war 2019 am EuGH gescheitert, weil sie deutsche Autofahrer über die Kfz-Steuer entlasten, Ausländer jedoch belasten sollte. Nach dem Urteil kündigte Scheuer die Verträge mit der Mautfirma, wies Entschädigungsforderungen zurück und setzte auf ein Schiedsverfahren. Dieses endete mit einer Niederlage für den Bund: 243 Millionen Euro mussten an die Betreiber gezahlt werden.

Scheuer war von 2018 bis 2021 Bundesverkehrsminister. Sein Name ist untrennbar mit dem Debakel verbunden, das für die CSU ein schweres politisches Erbe bleibt. Zuletzt legte er seine politischen Mandate nieder.

Die Grünen begrüßten die Anklage. „Sie zeigt deutlich, dass hier nicht nur politisch, sondern auch rechtlich Klärungsbedarf besteht“, sagte die Abgeordnete Swantje Michaelsen. Auch die FDP sieht ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss bestätigt. „Die Ergebnisse waren glasklar“, sagte Oliver Luksic. Warum die Staatsanwaltschaft erst jetzt aktiv werde, sei jedoch überraschend.

OZD 


OZD-Kommentar

Das Maut-Debakel war schon politisch ein Desaster – nun droht es für Andreas Scheuer auch juristisch zum Albtraum zu werden. Der Vorwurf, im Bundestag bewusst die Unwahrheit gesagt zu haben, ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Angriff auf die Glaubwürdigkeit des Parlaments. Wer vor einem Untersuchungsausschuss lügt, stellt sich über die Regeln der Demokratie. Scheuers Verteidigungsstrategie, von „politischer Motivation“ zu sprechen, wirkt wie eine Flucht nach vorne. Fakt ist: Die Maut kostete den Steuerzahler hunderte Millionen Euro, Vertrauen und Ansehen. Sollte die Anklage zugelassen werden, steht nicht nur Scheuers politische Karriere, sondern auch seine persönliche Integrität endgültig auf dem Prüfstand.



OZD-Analyse

Hintergrund Maut-Debakel
– Idee der CSU: „Ausländermaut“ sollte deutsche Autofahrer entlasten.
– 2019 vom Europäischen Gerichtshof gekippt.
– Folge: Verträge gekündigt, Schiedsgericht verurteilte den Bund zu 243 Mio. Euro Schadenersatz.

Vorwurf gegen Scheuer und Schulz
a) Angebliche Falschaussagen im Untersuchungsausschuss 2020/2021.
b) Streitpunkt: Ob Autoticket anbot, Vertragsunterzeichnung nach EuGH-Urteil zu verschieben.
c) Staatsanwaltschaft sieht bewusste Lüge, um eigenes Vorgehen zu rechtfertigen.

Politische Dimension
– CSU steht durch Maut-Debakel bis heute unter Druck.
– Opposition fordert seit Jahren Aufklärung.
– Klärungsbedarf reicht über Parteigrenzen hinaus, betrifft parlamentarische Integrität.

Juristische Folgen
– Falschaussage vor Ausschüssen strafbar wie vor Gericht.
– Bei Verurteilung drohen Freiheitsstrafen oder empfindliche Geldstrafen.
– Gericht muss nun über Zulassung der Anklage entscheiden.

Bewertung
– Selbst ohne Schuldspruch bleibt Scheuers politisches Vermächtnis ruiniert.
– Der Fall könnte Präzedenzwirkung haben, wie streng Falschaussagen von Politikern geahndet werden.


Wer ist Andreas Scheuer?
Andreas Scheuer, geboren 1974 in Passau, war von 2018 bis 2021 Bundesverkehrsminister. Zuvor war er CSU-Generalsekretär und Staatssekretär im Verkehrsministerium. Bekannt wurde er durch die gescheiterte Pkw-Maut, die seinen Namen dauerhaft prägt. Nach seinem Rückzug aus Bundestag und Kommunalpolitik ist Scheuer heute ohne politisches Amt.


Was war der Maut-Untersuchungsausschuss?
Der Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestages wurde 2019 eingesetzt, um das Scheitern der Pkw-Maut und mögliche Pflichtverletzungen des Verkehrsministeriums aufzuklären. Im Fokus standen insbesondere Vertragsabschlüsse vor dem EuGH-Urteil sowie mögliche Falschaussagen. Untersuchungsausschüsse sind eines der schärfsten Kontrollinstrumente des Parlaments.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.