CSU-Chef Markus Söder hat seine Forderung nach einem tiefgreifenden Umbau des deutschen Sozialstaats verschärft. „Es braucht harte Reformen“, sagte der bayerische Ministerpräsident der Augsburger Allgemeinen. Nur so könne Deutschland leistungsfähig bleiben und weiterhin jenen helfen, die tatsächlich Unterstützung benötigten.
Söder warnte vor explodierenden Kosten, die nicht nur die Migration, sondern den gesamten Sozialbereich betreffen würden. Dies schwäche die Handlungsfähigkeit „von den Kommunen bis zum Bund“. Sein Fazit: Der Sozialstaat brauche ein „grundsätzliches Update“.
Im Zentrum seiner Kritik steht das Bürgergeld, das er komplett neu aufstellen will. „Das Bürgergeld muss komplett geändert werden“, erklärte der CSU-Chef. Geplant sei eine neue Grundsicherung mit klaren Einschnitten: weniger Leistungen, strengere Zumutbarkeitsregeln bei Jobangeboten und Einschränkungen beim Wohngeld sowie beim Schonvermögen. So könne der Staat, so Söder, „viele Milliarden einsparen“.
Zugleich stellte der bayerische Ministerpräsident die Frage der Gerechtigkeit in den Vordergrund. „Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet oder noch nie in die Sozialkassen eingezahlt hat.“ Besonders kritisch äußerte er sich zu Leistungsbeziehern ohne deutschen Pass, die nach seinen Worten rund die Hälfte der Bürgergeldempfänger ausmachten. „Wer in Deutschland keine rechtsstaatliche Anerkennung und keine Duldung erhält, kann nicht die gleichen sozialen Leistungen haben wie Menschen, die ihr Leben lang in die sozialen Kassen einbezahlt haben.“
Union und SPD streiten derzeit heftig über die Zukunft der Sozialsysteme. Während die SPD Kürzungen ablehnt, fordern CDU und CSU ein härteres Vorgehen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte erst am Wochenende tiefgreifende Reformen und Einschnitte im Sozialsystem als unvermeidlich bezeichnet.
OZD
OZD-Kommentar
Söder legt die Axt an den Sozialstaat und bedient mit seinen Forderungen vor allem die eigene konservative Klientel. Statt differenziert über Effizienz und Missbrauchsbekämpfung zu sprechen, verengt er die Debatte auf „weniger Leistungen“ und Migranten als Kostentreiber. Damit gießt er Öl ins Feuer einer aufgeheizten Stimmung. Klar ist: Der Sozialstaat braucht Reformen, doch pauschale Kürzungen treffen am Ende auch jene, die unverschuldet in Not geraten. Söders „mehr Arbeit, weniger Ansprüche“ klingt wie eine einfache Formel, ist aber brandgefährlich. Wer glaubt, damit die Haushaltslöcher stopfen zu können, riskiert gesellschaftliche Spaltung und eine neue Welle an Ungerechtigkeit.
Lesermeinungen
"Endlich spricht es mal einer aus – es kann nicht sein, dass Faulenzer mehr bekommen als arbeitende Menschen." – Michael Hosmann, München
"Söders Forderungen sind populistisch und gefährlich. Menschen in Not brauchen Unterstützung, nicht Stigmatisierung." – Jana Wörn, Köln
"Die Reformen sind überfällig. Aber warum spricht niemand darüber, dass auch Verwaltungskosten im Sozialsystem explodieren?" – Peter Senner, Dresden
OZD-Analyse
Kernpunkte von Söders Forderungen
– Bürgergeld soll durch neue Grundsicherung ersetzt werden
– Weniger Leistungen, mehr Druck zur Arbeitsaufnahme
– Strengere Regeln bei Wohngeld und Schonvermögen
Politische Dimension
– Söder rückt sich eng an die Linie von Bundeskanzler Merz
– Konservative setzen klar auf Kürzungen, SPD wehrt sich
– Gefahr einer polarisierenden Debatte mitten in der Haushaltskrise
Folgen für die Gesellschaft
– Millionen Menschen könnten direkt betroffen sein
– Risiko steigender Armut bei schwacher Arbeitsmarktlage
– Zuspitzung der Debatte über Migration und Sozialstaat
OZD-Erklärungen
Was ist das Bürgergeld?
Das Bürgergeld ist seit Januar 2023 die zentrale Sozialleistung für Menschen, die keine Arbeit haben und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Es löste das frühere Hartz-IV-System ab. Neben Regelsätzen für den Lebensunterhalt werden auch Kosten für Miete und Heizung übernommen. Zudem gibt es Schonvermögen und Weiterbildungsmöglichkeiten. Kritiker wie CSU und CDU sehen im Bürgergeld falsche Anreize und zu geringe Hürden, während Befürworter es als notwendige Reform für mehr Fairness und Menschenwürde verteidigen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.