Ein Einsatz mit Sprengkraft: In Dortmund ist ein 39-jähriger Deutsch-Pole festgenommen worden, der im Darknet zu Anschlägen auf Politiker und Amtsträger aufgerufen haben soll. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wurde der Beschuldigte Martin S. am Montagabend von Spezialkräften und Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) gefasst.
Der Mann soll über eine anonyme Online-Plattform sogenannte „Todeslisten“ veröffentlicht haben – mit Namen, Adressen und weiteren sensiblen Daten von Politikern, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens. Zudem habe er „Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen“ verbreitet und Spenden in Kryptowährungen eingefordert, um „Kopfgelder“ auf die Tötung einzelner Personen auszusetzen.
Ermittler sprechen von „von ihm selbst ausgesprochenen Todesurteilen“, die er über sein Netzwerk im Darknet geteilt habe. Die Bundesanwaltschaft führt gegen S. ein Verfahren wegen Terrorismusfinanzierung, Anleitung zu schweren staatsgefährdenden Gewalttaten und gefährdender Verbreitung personenbezogener Daten.
Der Verdächtige soll am Dienstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) vorgeführt werden. Dort wird entschieden, ob Untersuchungshaft angeordnet wird.
Der Fall reiht sich ein in eine Serie extremistischer Vorfälle, bei denen Hass im Netz in konkrete Gewaltfantasien und Bedrohungen überging. Die Ermittler prüfen, ob der Beschuldigte Kontakte zu bekannten rechtsextremen Netzwerken hatte oder als Einzeltäter agierte.
OZD
OZD-Kommentar:
Wieder ein Fall, der zeigt, wie gefährlich Worte im Netz geworden sind.
Der Hass sickert längst über den Bildschirm hinaus – in reale
Gewaltfantasien, in Listen, in Planungen. Wenn jemand Todesurteile gegen
Politiker verhängt und Geld für deren Tötung sammelt, ist die Grenze
längst überschritten. Der Staat darf hier keinen Moment zögern: Wer
Menschen zur Zielscheibe macht, greift das Herz der Demokratie an.
Mini-Infobox:
– Tatort: Dortmund
– Beschuldigter: Deutsch-Pole Martin S.
– Vorwürfe: Terrorismusfinanzierung, Anleitung zu Anschlägen, Verbreitung personenbezogener Daten
– Ermittler: Bundesanwaltschaft Karlsruhe, BKA
– Nächster Schritt: Vorführung vor dem Ermittlungsrichter des BGH
OZD-Analyse
Der Fall Dortmund
a) Verbreitung von Todeslisten im Darknet mit personenbezogenen Daten.
b) Aufforderung zu Anschlägen auf Politiker und Journalisten.
c) Finanzielle Unterstützung über Kryptowährungen als Terrorismusfinanzierung.
Die rechtliche Dimension
– Ermittlungen nach §89a und §91 StGB (Anleitung und Förderung schwerer staatsgefährdender Taten).
– Nutzung des Darknets erschwert Rückverfolgung und Beweissicherung.
– BGH-Entscheidung über U-Haft könnte Signalwirkung haben.
Gesellschaftliche Gefahr
– Online-Radikalisierung erreicht neue Stufe durch Aufrufe zur Gewalt.
– Drohkulissen gegen Politiker nehmen zu, besonders aus rechtsextremen Milieus.
– Staat und Plattformen müssen koordiniert reagieren – Prävention, Strafverfolgung, digitale Aufklärung.
Was ist die Bundesanwaltschaft?
Die Bundesanwaltschaft
mit Sitz in Karlsruhe ist die oberste Strafverfolgungsbehörde
Deutschlands. Sie ist zuständig für besonders schwere Fälle, darunter
Terrorismus, Spionage und Gefährdung der inneren Sicherheit.
Was ist der Bundesgerichtshof (BGH)?
Der BGH ist
Deutschlands höchstes Gericht in Zivil- und Strafsachen. Er überprüft
Urteile anderer Gerichte auf Rechtsfehler und entscheidet in Fällen, die
von besonderer Bedeutung für die Rechtsprechung sind.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
OZD-Extras
Faktencheck: Seit
2020 haben deutsche Sicherheitsbehörden über 30 Fälle extremistischer
„Feindeslisten“ registriert – oft mit realen Anschlagsplänen im
Hintergrund.