Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer will auf den Abschuss von Drohnen über Deutschland möglichst verzichten. „Es geht darum, den Nutzen der Drohnen für den Gegner zu begrenzen und gleichzeitig unsere eigene Handlungsfähigkeit zu sichern“, sagte Breuer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zwar könne man Drohnen abschießen, „aber dabei entsteht ein Problem: Die getroffene Drohne stürzt ab, und auch die verschossene Munition fällt irgendwo zu Boden.“ Das sei vor allem im Umfeld von Städten ein erhebliches Risiko.
Die Bundeswehr setze deshalb zunehmend auf alternative Abwehrmethoden. „Wir bringen Drohnen elektronisch von ihrer Flugbahn ab, übernehmen sie oder fangen sie mit einem Netz ein“, erläuterte Breuer. Diese Maßnahmen funktionierten „ohne Kollateralschäden am Boden“. Die Fähigkeiten zur elektronischen Drohnenabwehr seien in den vergangenen Monaten deutlich ausgebaut worden.
Breuer betonte zugleich, dass die Bundeswehr nur unter klar geregelten Bedingungen im Inneren unterstütze. Eine von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) gewünschte Amtshilfe bei der Drohnenabwehr könne nur erfolgen, „wenn zivile Behörden über bestimmte Fähigkeiten nicht verfügen“ und die Bundeswehr Kapazitäten habe. Die innere Sicherheit bleibe grundsätzlich Aufgabe der Innenbehörden.
Gleichzeitig warnte Breuer vor einer neuen Dimension hybrider Bedrohungen. „Es gibt eine Zunahme von Cyberangriffen, Sabotageakten und Luftraumverletzungen“, sagte er. „Das ist nicht mehr ganz Frieden, aber auch kein offener Krieg.“ Russland begreife Krieg „als Kontinuum“ – ohne klare Trennung zwischen Krisen- und Kriegszustand. „In meinen 40 Jahren als Soldat habe ich noch keine Lage erlebt, die so gefährlich war wie die aktuelle Bedrohung durch Russland.“
In den vergangenen Tagen kam es mehrfach zu Drohnensichtungen über deutschen Flughäfen, unter anderem in Bremen und Berlin. Der Flugverkehr musste zeitweise unterbrochen werden.
OZD
OZD-Kommentar:
Breuers Warnung klingt nüchtern – und ist doch alarmierend. Deutschland steht mitten in einer neuen Ära der Bedrohung, in der unsichtbare Angriffe gefährlicher sein können als offene Schlachten. Der Verzicht auf Abschüsse mag klug erscheinen, weil er zivile Risiken mindert. Doch er zeigt auch, wie verwundbar moderne Gesellschaften sind, wenn der Himmel nicht mehr nur Flugzeuge, sondern auch feindliche Technik trägt. Breuer mahnt zur Vorsicht – aber zwischen Vorsicht und Ohnmacht verläuft eine schmale Linie.

Mini-Infobox:
– Breuer lehnt Drohnenabschüsse über Städten ab
– Bundeswehr setzt auf elektronische Abwehr und Fangnetze
– Zunahme hybrider Angriffe: Cyber, Sabotage, Luftraumverletzungen
– Zusammenarbeit mit Innenministerium nur in Ausnahmefällen
– Breuer: „Gefährlichste Lage seit 40 Jahren“
OZD-Analyse
Strategiewechsel in der Drohnenabwehr
– Statt kinetischer Waffen setzt die Bundeswehr auf digitale Eingriffe.
– Ziel: Schutz der Bevölkerung vor herabfallenden Trümmern.
– Elektronische Störsysteme und Abfangnetze werden zum Standard.
Hybride Bedrohungen als neue Realität
a) Sabotage, Spionage und Cyberattacken häufen sich in Europa.
– Drohnen werden zunehmend als Teil hybrider Kriegsführung eingesetzt.
b) Breuers Warnung ist ein Signal an Politik und Bevölkerung.
– Deutschland muss Abwehr, Aufklärung und Resilienz gleichzeitig stärken.
Russland und das „Kontinuum des Krieges“
– Breuers Einschätzung spiegelt die neue sicherheitspolitische Lage.
– Russland führt laut ihm Krieg ohne klare Fronten, mit Technik und Täuschung.
– Deutschland reagiert defensiv, aber zunehmend vorbereitet.

Wer ist Carsten Breuer?
Carsten Breuer, geboren 1964, ist seit 2022 Generalinspekteur der Bundeswehr und damit höchster Soldat Deutschlands. Zuvor leitete der Generalleutnant das Territoriale Führungskommando und koordinierte unter anderem den Corona-Krisenstab im Kanzleramt. Breuer gilt als pragmatisch, ruhig und sicherheitspolitisch weitsichtig.
Was ist der Generalinspekteur der Bundeswehr?
Der Generalinspekteur ist der ranghöchste Offizier der Bundeswehr und militärischer Berater der Bundesregierung. Er führt die Streitkräfte operativ an und ist verantwortlich für Strategie, Ausbildung und Einsatzbereitschaft. In Krisenfällen nimmt er eine zentrale Rolle in der zivil-militärischen Koordination ein.
OZD-Extras
Fun-Fact: Die Bundeswehr testet derzeit Fangdrohnen, die mit Spezialnetzen andere Flugobjekte einfangen – ein System, das ursprünglich für den Tierschutz entwickelt wurde.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.