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Abschiebungen um 20 Prozent gestiegen - Reicht das?

In Deutschland sind 2025 deutlich mehr Menschen abgeschoben worden als im Vorjahr. Besonders häufig betraf es Personen aus der Türkei und Georgien. Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer „Politik der Härte ohne Herz“.

Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist in den ersten drei Quartalen 2025 deutlich gestiegen. Laut einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, wurden von Januar bis September 17.651 Menschen in ihre Herkunftsländer abgeschoben – rund 20 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (14.706).

Damit setzt sich der seit 2022 anhaltende Trend steigender Abschiebezahlen fort: 2023 waren es im selben Zeitraum 12.042, im Jahr 2022 nur 9567. Den größten Anteil machten Abschiebungen in die Türkei (1614) und nach Georgien (1379) aus. Weitere Zielländer waren Spanien (928), Frankreich (842), Serbien (722), Bulgarien (655) und Albanien (637).

Besonders alarmierend: Jeder fünfte Abgeschobene war minderjährig – insgesamt 3095 Kinder und Jugendliche. Nur 54 der Betroffenen waren über 70 Jahre alt.

Scharfe Kritik kam von der Linken-Abgeordneten Clara Bünger, die der Bundesregierung eine „unmenschliche Politik“ vorwarf. „Wenn es darum geht, die Zahl der Abschiebungen in die Höhe zu treiben, kennen die Behörden kaum noch Tabus“, sagte sie. Besonders die Rückführungen in Länder wie die Türkei, wo „Linke, Kurden und Oppositionelle unterdrückt“ würden, seien „eine Verletzung der Menschenwürde“.

Die Regierung verweist dagegen auf das Ziel aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD, die Zahl der Abschiebungen deutlich zu steigern. Geplant sind unter anderem mehr Befugnisse für die Bundespolizei, eine Ausweitung der Abschiebehaft sowie die Abschaffung des Pflichtanwalts in Abschiebeverfahren. Für Gefährder und Täter schwerer Straftaten soll zudem ein dauerhafter Ausreisearrest möglich werden.


OZD-Kommentar:
Deutschland zieht die Daumenschrauben an – und zeigt Härte dort, wo sie politisch am einfachsten verkauft werden kann. Kinder, Jugendliche, politisch Verfolgte: Sie werden zu Zahlen in einer Statistik, die Stärke signalisieren soll. Doch Härte ersetzt keine Strategie. Wer Abschiebungen steigert, ohne Fluchtursachen zu bekämpfen oder Integrationschancen zu schaffen, produziert neue soziale Konflikte. Ja, dass stimmt, aber soll Deutschland diese Probleme lösen, ist das wirklich unser Problem?  Der Innenminister mag stolz auf steigende Zahlen sein, noch besser währe es, wenn bestimmte Menschen nicht mehr rein zu lassen, sondern es nur an den Außengrenzen zu bestimmen, wer Asyl bekommt. 


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Mini-Infobox:

Abschiebungen (Jan–Sep 2025): 17.651 (+20 % ggü. Vorjahr)

Herkunftsländer: Türkei (1614), Georgien (1379), Spanien (928)

Kinder und Jugendliche: 3095 (18 %)

Über 70-Jährige: 54

Ziel der Regierung: Abschiebungen deutlich erhöhen


OZD-Analyse:

Entwicklung und Zahlen
– a) 17.651 Abschiebungen im laufenden Jahr – höchster Stand seit 2016.
– b) Zuwächse vor allem durch verstärkte Abschiebehaft und bilaterale Rückführungsabkommen.
– c) Türkei und Georgien bleiben Hauptzielländer, auch innerhalb Europas viele Abschiebungen.

Politische Maßnahmen
– a) Geplante Abschaffung des Pflichtanwalts in Abschiebeverfahren.
– b) Mehr Kompetenzen für Bundespolizei und Ausbau der Haftkapazitäten.
– c) Dauerhafte Inhaftierung von Gefährdern und schweren Straftätern geplant.

Kritik und gesellschaftliche Folgen
– a) Menschenrechtsorganisationen warnen vor systematischer Entmenschlichung.
– b) Linke und NGOs fordern Einzelfallprüfung und Schutz vulnerabler Gruppen.
– c) Innenpolitisch spaltet das Thema: Härte versus Humanität.



Was ist das Bundesinnenministerium (BMI)?
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ist eine der wichtigsten Behörden Deutschlands. Es verantwortet innere Sicherheit, Migration, Integration, Verfassungsschutz und Bevölkerungsschutz. Derzeit steht es unter der Leitung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU).

OZD-Extras:
Faktencheck: Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte scheitern jährlich über 40 Prozent aller Abschiebungen – meist aus rechtlichen oder medizinischen Gründen.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.