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Einfach das Sauerstoffgerät ausgeschaltet

Eine 75-Jährige, die im Krankenhaus das Atemgerät einer Mitpatientin ausgeschaltet hatte, darf nach ihrer Haftstrafe in die Türkei ausgewiesen werden. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim erklärte die Ausweisung wegen versuchten Totschlags für rechtmäßig.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat die Ausweisung einer 75 Jahre alten Frau in die Türkei bestätigt. Die Frau war zuvor wegen versuchten Totschlags zu drei Jahren Haft verurteilt worden, nachdem sie Ende 2022 im Krankenhaus das Sauerstoffgerät einer Mitpatientin ausgeschaltet hatte. Das höchste baden-württembergische Verwaltungsgericht wies am Dienstag die Beschwerde der Verurteilten gegen eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zurück.

Der Fall hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt: Die Seniorin und ihre bettlägerige Nachbarin lagen in einem Krankenhauszimmer, als sie sich vom Alarmton des Atemgeräts gestört fühlte. Daraufhin schaltete sie das Gerät aus – obwohl sie zuvor ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass die andere Patientin dadurch in Lebensgefahr geraten könne. Dennoch stellte sie das Sauerstoffgerät erneut ab.

Das Landgericht Mannheim verurteilte sie daraufhin im Jahr 2023 wegen versuchten Totschlags zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe. Nach Einschätzung des VGH besteht auch nach der Haftentlassung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit, da die Tat vorsätzlich und aus niedrigen Beweggründen begangen wurde.

Die Entscheidung ist unanfechtbar – die Frau kann nun nach der Haftentlassung in die Türkei abgeschoben werden.

OZD


OZD-Kommentar:
Diese Entscheidung sendet ein klares Signal: Auch im hohen Alter schützt kein Mitgefühl vor der Konsequenz schwerer Schuld. Wer bewusst das Leben eines anderen Menschen gefährdet, verliert das Vertrauen des Rechtsstaats – und damit auch sein Aufenthaltsrecht. Der Fall zeigt zugleich, wie brisant das Thema Pflege- und Krankenhausethik werden kann, wenn Rücksichtslosigkeit in Aggression umschlägt. Menschlichkeit darf kein Luxus sein – weder auf der Station noch im Urteil.


Mini-Infobox:
Tatort: Krankenhaus in Baden-Württemberg
Tatzeit: Ende 2022
Tatmotiv: Ärger über Alarmton eines Atemgeräts
Strafe: Drei Jahre Haft
Entscheidung: Ausweisung in die Türkei rechtmäßig


OZD-Analyse

Rechtliche Dimension
a) Die Ausweisung erfolgt nach § 53 Aufenthaltsgesetz bei schwersten Straftaten.
b) Maßgeblich ist die Gefährdungsprognose nach Haftentlassung.
c) Der VGH Mannheim sah keine außergewöhnlichen humanitären Gründe, die gegen die Abschiebung sprächen.

Moralische Bewertung
– Der Fall zeigt eine beunruhigende Mischung aus Egoismus und Gewaltbereitschaft.
– Trotz hohen Alters schloss das Gericht verminderte Schuldfähigkeit aus.
– Opfer im medizinischen Kontext gelten als besonders schutzbedürftig – das Urteil stärkt diesen Grundsatz.

Gesellschaftliche Folgen
– Die Tat wirft Fragen nach Umgang, Empathie und psychologischer Betreuung älterer Patienten auf.
– Experten fordern bessere Schulungen für Pflegepersonal, um Konflikte frühzeitig zu erkennen.
– Die Ausweisung zeigt, dass das Strafrecht auch im hohen Alter Konsequenzen zieht.

Was ist der Verwaltungsgerichtshof Mannheim?
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Mannheim) ist die oberste Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bundesland. Er überprüft Urteile der Verwaltungsgerichte und entscheidet über zentrale Fragen des Ausländer-, Bau- und Umweltrechts.


OZD-Extras
Hintergrund: Laut Bundesamt für Justiz wurden im Jahr 2024 mehr als 6.000 Ausweisungen verhängt – fast ein Drittel davon nach schweren Gewaltdelikten. Fälle wie dieser zeigen, dass Alter oder Herkunft bei schweren Straftaten keine Rolle spielen.


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.