Zum ersten Mal seit Beginn der Rückkehr der Wölfe vor einem Vierteljahrhundert ist das bundesweite Wolfsvorkommen nicht weiter angestiegen. Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes (DBBW) veröffentlichte am Dienstagabend neue Zahlen, die für den Zeitraum Mai 2024 bis April 2025 insgesamt 276 bestätigte Wolfsterritorien ausweisen – nur geringfügig mehr als im Vorjahr. In diesen Gebieten lebten nachweislich 1636 Tiere.
Damit hat sich die jahrelange Dynamik leicht abgeflacht. 2023/2024 waren es 274 Territorien und 1601 Wölfe gewesen. Der Schwerpunkt des Wolfsaufkommens liegt weiterhin in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Lediglich im Saarland wurde erneut kein Vorkommen gemeldet.
Nach DBBW-Angaben wurden bundesweit 219 Rudel, 43 Paare und 14 Einzelwölfe bestätigt. Niedersachsen führte erneut die Statistik mit 63 Territorien an, gefolgt von Brandenburg mit 60, Sachsen mit 46, Sachsen-Anhalt mit 38 und Mecklenburg-Vorpommern mit 34.
Sorge bereitet vor allem die hohe Zahl toter Tiere: 163 Wölfe wurden im Betrachtungszeitraum gefunden, 124 von ihnen starben durch Verkehrsunfälle. Mindestens 16 Tiere wurden illegal getötet. Drei weitere wurden aufgrund gefährlichen Verhaltens vorsorglich entnommen. Nur sieben Wölfe starben eines natürlichen Todes, bei zwölf weiteren blieb die Ursache unklar.
Die leicht gebremste Entwicklung deutet nach Einschätzung von Experten darauf hin, dass sich die Population in einigen Regionen einer natürlichen Obergrenze annähert. Zugleich wächst der politische Druck, den Schutzstatus des Wolfs zu überdenken – eine Debatte, die mit den neuen Zahlen weiter aufflammen dürfte.
OZD
OZD-Kommentar:
Der Stillstand beim Wolfswachstum wird viele überraschen – und noch mehr befeuern. Die Wolfspopulation zeigt erstmals eine Plateauphase, doch das bedeutet keineswegs Ruhe. Im Gegenteil: Der politische Konflikt um Bestandsregulierung, Herdenschutz und Artenschutz wird sich weiter zuspitzen.
Die Zahlen offenbaren ein unbequeme Wahrheit: Der Wolf ist längst kein seltenes Wildtier mehr, sondern Teil eines neuen ökologischen Alltags. Verkehrstote, illegale Abschüsse und territoriale Obergrenzen zeichnen ein Bild, das weder Romantik noch Panik rechtfertigt. Doch die Politik verharrt zwischen Symboldebatten und populistischen Forderungen nach umfassenden Abschüssen.
Was Deutschland braucht, ist eine klare Strategie, die Wissenschaft, Sicherheit und Ökologie vereint – und nicht länger an ideologischen Grenzlinien scheitert.
Mini-Infobox:
– Bestand 2024/25: 1636 Wölfe
– Territorien: 276
– Rudel: 219
– Verkehrstote: 124
– Illegale Tötungen: 16
OZD-Analyse:
Ökologische Entwicklung
a) Erstmals kein nennenswertes Wachstum – Hinweise auf Sättigung.
b) Territoriale Erweiterung stagniert in westlichen Bundesländern.
c) Regionale Konzentration bleibt stabil – Nordost dominiert.
Konfliktpotenziale
– Hohe Zahl illegaler Tötungen als Symptom gesellschaftlicher Spannungen.
– Politischer Streit um Schutzstatus dürfte eskalieren.
– Landwirtschaftlicher Druck bleibt hoch – Forderungen nach Regulierung.
Perspektiven für das Wolfsmanagement
– Wissenschaft fordert regional differenzierte Strategien.
– EU-rechtliche Spielräume könnten erweitert werden.
– Herdenschutz bleibt kostenintensiv, aber unverzichtbar.
Was ist die DBBW?
Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) sammelt bundesweit Daten zu Wolfsvorkommen, koordiniert Monitoringverfahren und berät Politik und Behörden beim Wolfsmanagement.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
OZD-Extras
Wussten Sie schon? Wölfe können jährlich Dutzende Kilometer wandern – einige Jungtiere wurden bereits in Frankreich, Dänemark und Tschechien nachgewiesen.