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Lulas Klimabotschaft erschüttert Belém: „Jedes Land nach seinen Möglichkeiten“

Lula sorgt bei der COP30 für Aufsehen: Der brasilianische Präsident fordert einen globalen Ausstieg aus fossilen Energien – aber ohne festen Zeitplan. Jedes Land solle „nach seinen Möglichkeiten“ handeln.

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat bei der Weltklimakonferenz in Belém deutlich gemacht, dass die Abkehr von fossilen Energien kommen müsse – allerdings in einem Tempo, das jedes Land selbst bestimmen solle. Der Wandel müsse „entsprechend der Möglichkeiten“ erfolgen, sagte Lula am Mittwochabend und betonte, dass niemandem starre Vorgaben oder Fristen auferlegt werden dürften. „Alles muss sich auf Konsens gründen“, so der Präsident. „Wir wollen nur sagen, dass es möglich ist. Es ist möglich, lasst es uns versuchen.“

Der Präsident war am Mittwoch persönlich nach Belém gereist, um Bewegung in die festgefahrenen Klimaverhandlungen zu bringen. Dabei verzichtete er bewusst darauf, den aktuellen Stand der Gespräche zu bewerten, und zeigte sich demonstrativ zufrieden mit dem Verlauf der COP30 – fast so, als wäre der diplomatische Marathon bereits abgeschlossen. Hinter den Kulissen jedoch ringen die Delegationen aus über 190 Staaten weiter um zentrale Fragen wie ambitioniertere Emissionsziele und die umstrittene Rolle fossiler Energieträger.

Ein offizieller Beschluss zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas steht nicht auf der Agenda. Umso überraschender war Lulas Aufruf kurz vor Konferenzbeginn, einen Fahrplan für eine schrittweise Abkehr zu entwerfen. Inzwischen unterstützen mehr als 80 Staaten – darunter auch Deutschland – die Initiative. Doch mächtige Ölförderländer blockieren weiterhin.

Umweltministerin Marina Silva sprach von „guten Reaktionen“ auf den Vorstoß des Präsidenten, warnte aber vor schwierigen Verhandlungen in den kommenden Tagen. Der Weg zu einem globalen Konsens sei „noch lang“.
OZD

OZD-Kommentar

Lula präsentiert sich in Belém als Brückenbauer – doch sein Appell ist ein riskanter Balanceakt. Ein globaler Ausstieg ohne Fristen klingt verführerisch, weil er niemanden verschreckt. Tatsächlich aber droht genau dieser Ansatz, das Herzstück des Pariser Abkommens auszuhöhlen: den Druck auf echte, schnelle Emissionsreduktionen. Die Welt brennt, und Brasilien fordert Geduld.

Die großen fossilen Player werden Lulas Worte dankbar aufnehmen, denn ein Ausstieg „nach Möglichkeiten“ bedeutet für sie: weiter wie bisher, nur mit freundlichem Anstrich. Dabei ist längst klar, dass die 1,5-Grad-Grenze ohne einen klaren Zeitplan nicht einzuhalten ist. Diese COP braucht mutige Entscheidungen – keine Beruhigungsformeln. Und erst recht keine Selbstzufriedenheit, während die Verhandler noch ringen.

Lulas Initiative ist ein Signal, aber kein Durchbruch. Entweder die Weltgemeinschaft nutzt diesen Moment, um endlich den Mut für ein hartes, verbindliches Bekenntnis zu finden – oder Belém wird zur vertanen Chance in der wichtigsten Dekade der Menschheitsgeschichte.

Mini-Infobox
– Über 80 Staaten unterstützen Idee eines globalen Fossil-Ausstiegs
– Brasilien fordert flexible Umsetzung ohne feste Fristen
– Ölförderländer blockieren weiterhin klare Beschlüsse
– Emissionsminderungen bleiben größte Streitfrage der COP30
– Lula setzt auf Konsens statt Druck

OZD-Analyse

Lulas Position im globalen Klimakonflikt
a) Brasiliens Präsident versucht, Industrienationen und Schwellenländer zu verbinden
b) Sein Konsensansatz spricht viele Länder an, die wirtschaftliche Zwänge betonen
c) Gleichzeitig droht die Verwässerung dringend benötigter Klimaziele

Wie realistisch ist ein globaler Fossil-Ausstieg?
a) Mehr als 80 Länder bekennen sich zum Ausstiegsfahrplan
b) Blockade durch große Öl- und Gasexporteure bremst Verhandlungen
c) Ohne verbindliche Zeitrahmen bleibt der Plan politisch unverbindlich

Mögliche Folgen für die COP30
a) Ein Kompromissvorschlag könnte den Gipfel retten, aber ambitionlos bleiben
b) Scheitert der Fossil-Vorstoß, wächst das Vertrauen in den Prozess weiter ab
c) Eventuelle Finanzzusagen könnten zum Tauschmittel im Streit werden

Erklärungen

Wer ist Luiz Inácio Lula da Silva?
Lula ist Präsident Brasiliens und eine Schlüsselfigur internationaler Klimapolitik. Der linke Staatschef, der bereits 2003–2010 regierte und 2023 ins Amt zurückkehrte, setzt auf soziale Programme, Naturschutz und internationale Kooperation. Brasilien mit seinem Amazonasgebiet spielt eine zentrale Rolle im globalen Klimaschutz.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.


OZD-Extras
Brasilien plant für 2026 eine großangelegte „Amazonas-Dekade“ mit internationalen Partnern – ein Projekt, das zum größten Waldschutzprogramm der Welt werden könnte.


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.