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Marktmacht der Lebensmittelriesen: Warum Verbraucher und Bauern verlieren

Ein Gutachten warnt: Vier Handelsriesen dominieren den Markt, Preise steigen – Bauern und Verbraucher zahlen. Regierung soll eingreifen.

Lebensmittelpreise, Machtkonzentration und wenig Wettbewerb – was das Gutachten offenlegt

Die Monopolkommission schlägt Alarm: Die Marktmacht im deutschen Lebensmitteleinzelhandel hat ein bedenkliches Niveau erreicht. Rund 85 % des gesamten Verkaufsvolumens verteilen sich auf nur vier Konzerne – Edeka, Rewe, Lidl und Aldi. Dieser Trend zur Konzentration verstärkte sich über Jahre und ging parallel mit steigenden Gewinnmargen und Verbraucherpreisen einher.

Preissteigerungen – aber kaum Gewinn bei Landwirten

Während Verbraucher seit 2020 im Schnitt über 35 % mehr für Lebensmittel zahlen, kommt von diesen Mehreinnahmen auf den Höfen nur ein Bruchteil an. Besonders die Milch- und Fleischwirtschaft leidet darunter. Bauernvertreter berichten, dass es in vielen Fällen kaum echte Preisverhandlungen gibt – stattdessen werden Lieferanten vor vollendete Tatsachen gestellt.

Empfehlungen der Monopolkommission

Stärkere Fusionskontrolle: Zusammenschlüsse im Handel und der Lebensmittelproduktion müssen künftig strenger bewertet werden – auch entlang der gesamten Lieferkette.

Ombudsperson für fairen Wettbewerb: Die Kommission drängt auf eine schnelle Umsetzung dieses bereits im Koalitionsvertrag festgehaltenen Instruments.

Mehr Transparenz: Ohne Daten über Margen und Preisbildungsprozesse lassen sich „ungerechtfertigte Preisaufschläge“ nicht identifizieren.

Hersteller ebenfalls unter Beobachtung

Auch im Bereich der Lebensmittelproduktion sieht die Monopolkommission „akuten“ Handlungsbedarf. Einige Konzerne hätten bereits eine starke Marktmacht – besonders Molkereien und Schlachtereien.

Handel widerspricht – und verweist auf Kosten

Der Handelsverband Deutschland (HDE) und der Lebensmittelverband BVLH weisen die Vorwürfe zurück. Höhere Preise seien Folge von

Energie- und Personalkosten,

teuren Wareneinkäufen,

Ernteausfällen durch Klimawandel,

geopolitischen Risiken und Lieferkettenproblemen.

Margen im Handel lägen, so die Verbände, nur bei ein bis drei Prozent.

Erklärung: Was bedeutet Marktmacht im Lebensmittelmarkt?

Marktmacht liegt vor, wenn wenige Anbieter Preise oder Bedingungen entscheidend beeinflussen können – ohne dass Verbraucher oder Lieferanten realistische Alternativen haben.
Folgen können sein:

- schwacher Wettbewerb,

- höhere Preise im Handel,

- geringe Abnahmepreise für Landwirte,

- schlechtere Bedingungen für kleinere Hersteller oder Händler.

In Deutschland verschärfen hohe Fixkosten, Logistikvorteile und ein dominanter Discount -Sektor die Effekte zusätzlich.

Kommentar: Ein Markt aus dem Gleichgewicht

Deutschland rühmt sich eines besonders wettbewerbsintensiven Lebensmittelmarktes. Das stimmt – aber vor allem unter den Großen. Für kleine Höfe, regionale Erzeuger und manchmal auch für Verbraucher bleibt davon wenig übrig.

Die Preissteigerungen der vergangenen Jahre sind sicher nicht allein den Handelsriesen zuzuschreiben, doch die strukturelle Ungleichheit in den Lieferketten macht Bauern verwundbar – und letztlich auch die Konsumenten.
Wenn eine Branche auf vier Schultern ruht, braucht es starke Kontrolle, Transparenz und Gegengewichte. Die vorgeschlagene Ombudsperson wäre ein erster Schritt. Aber ohne politische Konsequenz droht das Gutachten wie so viele zuvor zu verpuffen.

OZD
Alle Angaben ohne Gewähr
Bild: AFP