Ein Paradigmenwechsel im Supermarktregal: Zum ersten Mal seit Beginn der Erhebungen sind pflanzliche Alternativprodukte im Durchschnitt günstiger als tierische Lebensmittel. Das geht aus einer neuen Untersuchung der Organisation Proveg hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Ein rein pflanzlicher Warenkorb war demnach fünf Prozent billiger als der entsprechende mit Fleisch, Milch oder Käse gefüllte Vergleichskorb.
Die Analyse umfasste zwölf Produktkategorien – von Aufschnitt, Wurst und Burger über Milch, Käse und Joghurt bis hin zu Schnitzel, Fischstäbchen und Pizza. Ausgewertet wurden die günstigsten Produkte in mehr als 100 deutschen Supermarktfilialen.
Laut Proveg sind die Preise vieler pflanzlicher Alternativen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken – entgegen der allgemeinen Inflation im Lebensmittelbereich. Besonders stark fiel der Preisrückgang bei veganen Würstchen, Käseersatz und Hafermilch aus. Nur bei pflanzlichem Hack und Veggie-Burgern gab es teils spürbare Preisanstiege.
Während 2023 tierische Produkte noch 16 Prozent teurer waren, hat sich der Trend nun endgültig gedreht. Nur in einem Discounter – Netto – waren die pflanzlichen Varianten laut der Studie teurer. Besonders günstig schnitten Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd ab, wo Veggie-Schnitzel, Sojamilch und Co. den größten Preisvorteil gegenüber Fleisch und Milchprodukten hatten.
„Unsere Forschung zeigt, dass viele Menschen erst dann häufiger zu pflanzlichen Alternativen greifen, wenn diese deutlich günstiger sind“, erklärte Steffen Jahn, Professor für Marketing an der Universität Halle-Wittenberg. Der aktuelle Preisvorsprung pflanzlicher Produkte sei deshalb „ein starkes Signal für den Wandel hin zu einer nachhaltigen und ökonomisch attraktiven Ernährung“.
OZD-Kommentar:
Dieser Preisrutsch könnte der vegane Durchbruch im Supermarkt sein. Wenn pflanzliche Alternativen nicht nur gesünder und klimafreundlicher, sondern auch günstiger sind, wankt das jahrzehntelange Preisargument für Fleisch. Doch der Erfolg hat auch eine Schattenseite: Der Preisdruck auf Produzenten steigt, und die Versuchung wächst, billige Rohstoffe zu nutzen. Die vegane Zukunft beginnt nicht mit Ideologie, sondern mit Kalkulation – und die spricht inzwischen klar gegen das Steak.
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Mini-Infobox:
Studie: Proveg, Preisvergleich August 2025
Ergebnis: Pflanzlicher Warenkorb 5 % günstiger
Vergleich: 12 Produktkategorien, über 100 Filialen
Günstigste Anbieter: Lidl, Aldi Nord, Aldi Süd
Teuerster Anbieter: Netto
OZD-Analyse:
Marktveränderung im Handel
– a) Vegane Produkte erreichen Preisparität und teils Unterbietung.
– b) Handelsketten reagieren mit Eigenmarkenoffensiven.
– c) Der Preiskampf verschiebt sich vom Fleischregal ins Pflanzenregal.
Verbrauchertrend
– a) Preis ist entscheidender als Überzeugung – ökonomischer Hebel statt Ethik.
– b) Mehr Kundenzugriff auf pflanzliche Produkte in Discounter-Segmenten.
– c) Nachhaltigkeit wird erstmals auch für Haushalte mit kleinem Budget attraktiv.
Langfristige Folgen
– a) Druck auf Fleischindustrie und Tierhaltung wächst.
– b) Innovationsschub für pflanzenbasierte Lebensmittel.
– c) Staatliche Förderung und Regulierung könnten die Dynamik verstärken.
Was ist Proveg?
Proveg International ist eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Berlin, die sich für die weltweite Förderung pflanzenbasierter Ernährung einsetzt. Ziel der Organisation ist es, den weltweiten Konsum tierischer Produkte bis 2040 um 50 Prozent zu senken. Proveg arbeitet mit Politik, Handel und Wissenschaft zusammen und veröffentlicht regelmäßig Marktanalysen und Studien.
Wer ist Steffen Jahn?
Steffen Jahn ist Professor für Marketing an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er forscht zu Konsumverhalten, Nachhaltigkeit und Preispsychologie. Seine Studien zeigen, dass Verbraucher eher zu pflanzlichen Produkten greifen, wenn diese preislich und geschmacklich konkurrenzfähig sind.
OZD-Extras:
Fun-Fact: In Deutschland werden mittlerweile über 15 Prozent aller Milchalternativen aus heimischem Hafer hergestellt – Tendenz steigend.**
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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