Beim Treffen mit US-Handelsminister Howard Lutnick und US-Handelsbeauftragtem Jamieson Greer hat die EU eindringlich auf eine Senkung der US-Stahlzölle gedrängt. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic machte in Brüssel deutlich, dass die Belastung gerade für den europäischen Maschinenbau enorm sei und der Zollstreit dringend entschärft werden müsse. Von einer Einigung am Montag wollte er jedoch nicht sprechen – es handle sich vor allem um eine Bestandsaufnahme der Lage.
Besonders Deutschland warb nachdrücklich für Entlastungen. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche warnte vor spürbaren Folgen für Industrie und Arbeitsplätze, da der Maschinen- und Anlagenbau unter den 50-Prozent-Zöllen massiv leide. Auch Polen und Litauen forderten eine Absenkung, weil ihre Industrien zunehmend unter Druck geraten. Polens Wirtschaftsstaatssekretär Michal Baranowski schlug eine Reduzierung der Zölle von 50 auf 15 Prozent vor – im Sinne der im Sommer getroffenen Vereinbarung zwischen Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Während die USA bei vielen Gütern einen einheitlichen Zollsatz von 15 Prozent eingeführt haben, blieben die Stahl- und Aluminiumzölle unverändert hoch. Die europäische Industrie kämpft dadurch gleich an zwei Fronten: gegen US-Zölle und gegen die hochsubventionierte Billigkonkurrenz aus China. Brüssel hatte bereits im Oktober seine eigenen Schutzmaßnahmen ausgeweitet.
Gleichzeitig drängt die EU darauf, im Umgang mit China enger mit den USA zusammenzuarbeiten. Die Warnung ist klar: Europa und Amerika seien im Welthandel Partner, nicht Gegner. Doch die Trump-Regierung stört sich an mehreren EU-Regelungen – etwa Digitalsteuern und strengere Vorgaben für große Internetplattformen. Auch dieses Konfliktfeld dürfte das Treffen dominieren.
OZD
OZD-Kommentar
Das Treffen in Brüssel zeigt einmal mehr, wie fragil die Handelsbeziehungen zwischen Europa und den USA unter Donald Trump geworden sind. Die EU kämpft um Entlastung, doch Washington zeigt sich kaum kompromissbereit. Dass zentrale Industrien – vom Maschinenbau bis zur Stahlverarbeitung – unter den US-Zöllen ächzen, scheint für die US-Regierung zweitrangig.
Dabei liegt der strategische Fehler auf der Hand: Während China mit subventionierten Stahlmengen den Weltmarkt überrollt, zerfleischen sich westliche Partner gegenseitig. Ein geopolitischer Sieg für Peking – und hausgemachte Schwächung für die EU. Doch Brüssel kann es sich nicht länger leisten, nur zu appellieren. Wenn die USA an ihren 50-Prozent-Zöllen festhalten, muss die EU ihre Gegenmaßnahmen verschärfen – oder riskieren, zentrale Industrien an billigere Märkte zu verlieren.
Der Streit um Stahl ist längst kein Streit über Metall mehr. Es ist ein Test, ob Europa und die USA noch gemeinsame strategische Interessen erkennen – oder ob jeder nur noch für sich kämpft.
Mini-Infobox
US-Zölle auf Stahl und Aluminium liegen weiterhin bei 50 Prozent
EU fordert Senkung auf 15 Prozent
Maschinenbau besonders betroffen
China überflutet Markt mit subventioniertem Stahl
Brüssel und Washington streiten zusätzlich über Digitalsteuern
OZD-Analyse
Hintergründe des Zollkonflikts
– Die USA wollen ihre Industrie schützen und setzen auf hohe Stahlzölle.
– Die EU sieht sich doppelt belastet: durch US-Zölle und chinesische Billigprodukte.
– Trump nutzt Handelspolitik als geopolitisches Druckmittel.
Positionen innerhalb der EU
– a) Deutschland –
– Dringt auf Erleichterungen wegen massiver Belastungen im Maschinenbau.
– b) Osteuropa –
– Polen und Litauen fordern schnelle Senkung der Zölle.
– c) Brüssel –
– Will Einigkeit signalisieren, doch Mitgliedsstaaten sind unterschiedlich betroffen.
USA und EU als strategische Partner
– Trotz Zollstreit gibt es gemeinsame Interessen im Wettbewerb mit China.
– Trump-Regierung kritisiert EU-Digitalsteuern und Plattformregulierung.
– Ohne Kooperation riskieren beide Seiten eine Schwächung kritischer Industrien.
ErklärungenWas ist ein Stahlzoll?
Ein Stahlzoll ist eine
Importabgabe, die Staaten auf eingeführte Stahlprodukte erheben. Ziel
ist es, die heimische Industrie vor billigeren Importen zu schützen.
Hohe Zölle verteuern Stahl für ausländische Produzenten, beeinträchtigen
aber gleichzeitig die importabhängige Industrie im betroffenen Land.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
Wer ist Maros Sefcovic?
Maros Sefcovic ist EU-Kommissar für
Handel und zählt zu den wichtigsten handelspolitischen Akteuren der
Europäischen Union. Er koordiniert die EU-Position in internationalen
Zoll- und Handelsfragen und führt die Gespräche mit den USA im aktuellen
Stahlkonflikt.
OZD-Extras
Extra: Der globale Stahlmarkt – ein stählerner Machtkampf
Weltweit kämpfen Industriestaaten gegen eine Überproduktion, die vor
allem durch chinesische Subventionen angeheizt wird. Zölle, Gegenzölle
und Schutzmaßnahmen gehören mittlerweile zum Alltag der globalen
Handelspolitik.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

