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Blockade endet für Aktivisten im finanziellen Desaster

Nach der Blockade des Hamburger Flughafens müssen zehn Aktivisten der Letzten Generation rund 400.000 Euro Schadenersatz zahlen. Das Landgericht Hamburg spricht Airlines hohe Ansprüche zu – und droht sogar mit Ordnungshaft.

Die Flughafenblockade der Letzten Generation am 13. Juli 2023 hat ein juristisches Nachspiel mit enormer finanzieller Wucht. Das Landgericht Hamburg verurteilte zehn Aktivisten der Klimagruppe zu rund 400.000 Euro Schadenersatz zugunsten einer klagenden Fluggesellschaft und weiterer betroffener Airlines. Die Gruppe haftet als Gesamtschuldner, wie das Gericht am Dienstag mitteilte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Aktivisten waren damals illegal auf das Rollfeld des Hamburger Flughafens gelangt und hatten sich teilweise festgeklebt, was den Flugbetrieb massiv störte. Für die Fluggesellschaften entstanden nach Darstellung des Gerichts unter anderem Kosten für Fluggastentschädigungen sowie entgangener Gewinn. Insgesamt ergibt sich mit Verfahrenskosten ein Streitwert von 1,1 Millionen Euro.

Das Gericht räumte ein, dass die Blockade einem legitimen und gesellschaftlich bedeutsamen Ziel gedient habe. Dennoch hätten die Aktivisten „zielgerichtet und rechtswidrig“ in den Geschäftsbetrieb eingegriffen und strafrechtliche Grenzen bewusst überschritten. Neben der Zahlungspflicht enthält das Urteil auch weitreichende Folgen: Sollten die Aktivisten bei Rechtskraft nicht zahlen können, droht Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren. Außerdem müssen sie künftig sämtliche weiteren Schäden ersetzen, die aus der Blockade entstehen.

Die Letzte Generation hatte 2022 und 2023 bundesweit immer wieder Verkehrswege und Flughäfen blockiert, bevor sie 2024 ihre Strategie änderte und auf solche Aktionen verzichtete. Die Proteste lösten heftige Debatten aus, etwa über die Einstufung der Gruppe als kriminelle Organisation. Die Hamburger Entscheidung dürfte diese Diskussion erneut befeuern.

OZD


OZD-Kommentar

Dieses Urteil ist ein Wendepunkt – und ein deutliches Signal, das weiter reicht als die Hamburger Flughafenpiste. Die Justiz zeigt, dass ziviler Ungehorsam zwar politisch wirksam sein kann, finanziell aber existenzielle Risiken birgt. 400.000 Euro Schadenersatz plus drohende Ordnungshaft: Das ist nicht nur ein Schlag für die Aktivisten, sondern eine Mahnung an alle, die glauben, symbolische Aktionen seien ohne Konsequenzen zu haben.

Doch die Debatte ist komplizierter. Denn selbst das Gericht sah das Ziel der Letzten Generation als legitim und für die Gesellschaft relevant an. Genau darin liegt der Konflikt: Eine Politik, die beim Klimaschutz bremst, produziert Proteste – und Gerichte, die sie am Ende streng sanktionieren müssen. Die Frage ist, wie lange sich dieses Spannungsfeld noch halten lässt, bevor gesellschaftliche Gräben endgültig aufreißen.

Noch gefährlicher wäre es, die Entscheidung nun als Freibrief für härtere Repressionen zu missbrauchen. Wer den Rechtsstaat instrumentalisiert, um politische Gegner mundtot zu machen, schwächt ihn. Die eigentliche Aufgabe liegt bei der Politik: Konflikte entschärfen, bevor sie eskalieren – und Klimaschutz endlich so ernst nehmen, dass sich niemand mehr ans Rollfeld klebt.

Mini-Infobox

Urteil des Landgerichts Hamburg: 403.000 Euro Schadenersatz

Zehn Aktivisten der Letzten Generation haften als Gesamtschuldner

Streitwert insgesamt 1,1 Millionen Euro

Ordnungshaft bis zu 2 Jahren möglich, falls Zahlung ausbleibt

Unterlassungsverfügung mit Ordnungsgeld bis 250.000 Euro



OZD-Analyse

1. Juristische Tragweite des Urteils
– a) Zivilrechtliche Haftung wird erheblich ausgeweitet – Signalwirkung für künftige Klimaaktionen
– b) Bewertung des Gerichts: legitimes Ziel, aber klar rechtswidrige Methode
– c) Ordnungshaft als Druckmittel setzt neue Standards in vergleichbaren Verfahren

2. Politische und gesellschaftliche Auswirkungen
– a) Entscheidung könnte Klimabewegungen spalten: radikale vs. moderate Aktionsformen
– b) Neue Debatte über die Einstufung der Letzten Generation als kriminelle Vereinigung
– c) Risiko politischer Instrumentalisierung im Wahlkampf und in Sicherheitsdebatten

3. Folgen für Protestkultur und öffentliche Infrastruktur
– a) Flughäfen und Verkehrswege werden Sicherheitskonzepte weiter verschärfen
– b) Wirtschaftliche Risiken für Aktivisten steigen drastisch – Abschreckungseffekt wahrscheinlich
– c) Gefahr, dass Konflikte sich in schwer kontrollierbare digitale Räume verlagern


Erklärungen Was ist die Letzte Generation?

Die Letzte Generation ist eine deutsche Klimaprotestbewegung, die durch Straßen- und Flughafenblockaden bundesweit bekannt wurde. Ihr Ziel ist es, durch zivilen Ungehorsam politischen Druck für härtere Klimaschutzmaßnahmen aufzubauen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

Was ist das Landgericht Hamburg?

Das Landgericht Hamburg ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit und zuständig für größere Zivil- und Strafverfahren. Es entscheidet unter anderem über Schadenersatzklagen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.

OZD-Extras

Extra: Wie Gerichte Klimaaktionen juristisch einordnen
Deutschlandweit entstehen neue Präzedenzfälle, weil Gerichte zwischen legitimen Klimaschutzzielen und rechtswidrigen Protestformen unterscheiden müssen. Die Urteile prägen künftig den Handlungsspielraum politischer Bewegungen – und die Grenzen des zivilen Ungehorsams.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.