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Verantwortung liegt bei der Ukraine

Wadephul betont, dass europäische Interessen in der US-Strategie zu den Ukraine-Gesprächen „im Großen und Ganzen“ berücksichtigt werden – doch viele Fragen bleiben offen.

Wadephul: Europäische Interessen in US-Verhandlungsstrategie „im Großen und Ganzen“ berücksichtigt

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sieht die europäische Perspektive in den laufenden Ukraine-Verhandlungen weiterhin in die US-Strategie integriert. Auf die Frage, ob Washington die sicherheitspolitische Lage Europas verkenne, erklärte er gegenüber der Mediengruppe Bayern, entscheidend sei, dass „unsere Position und unsere Interessen geltend gemacht werden können“. Dies sei „im Großen und Ganzen der Fall“.

Wadephul betonte, die Europäer hätten weiterhin Zugang zu den entscheidenden Gesprächen – ein Hinweis darauf, dass die USA zwar dominieren, Europa aber nicht marginalisiert wird.

Wadephul hält sich zu möglichen Territorialzugeständnissen bedeckt

Auf die heikle Frage, ob die Ukraine im Rahmen eines zukünftigen Friedensabkommens Gebietsverluste akzeptieren müsse, äußerte sich Wadephul bewusst unkonkret. Entscheidungen darüber seien Teil des „Selbstverständnisses der Ukraine“. Deutschland werde sich nicht anmaßen, Kiew Vorschläge zu machen.

Dies ist bemerkenswert, da die jüngsten Entwürfe aus Washington anhaltend mit der Forderung nach territorialen Kompromissen in Verbindung gebracht werden.

Keine Spekulation über Wahlen – Verantwortung liegt bei der Ukraine

Auch hinsichtlich möglicher Neuwahlen in der Ukraine hielt sich Wadephul zurück. Die Entscheidung liege ausschließlich bei der Ukraine, die unter Kriegsrecht derzeit keine regulären Wahlen durchführen kann.

US-Präsident Donald Trump hatte Selenskyj zuletzt scharf gedrängt, Neuwahlen anzusetzen – eine Forderung, die unter den aktuellen Sicherheitsbedingungen kaum realisierbar ist. Selenskyj erklärte sich daraufhin grundsätzlich bereit, sofern die USA und europäische Partner die Sicherheit gewährleisten.

Breite internationale Konsultation – Europa drängt auf „dauerhaften und gerechten Frieden“

Wadephul hob hervor, dass die EU, die Nato, die G7 und weitere Partner kontinuierlich abstimmen, wie sie die Ukraine dabei unterstützen können, die Verhandlungen selbst zu führen. Ziel sei ein „dauerhafter und gerechter Frieden“ – eine Formulierung, die deutlich anderen politischen Ansätzen widerspricht, die primär auf schnelle Stabilisierung abzielen.

Überarbeiteter US-Plan bleibt kontrovers

Der US-Plan zur Kriegsbeendigung, ursprünglich als deutlich Moskau-freundlich kritisiert, wurde auf massiven Druck der Ukraine und Europas überarbeitet. Kiew hat am Mittwoch eine neue Fassung nach Washington gesendet. Dennoch bleibt der zentrale Streitpunkt bestehen: Die USA drängen weiterhin auf spürbare territoriale Zugeständnisse.

Selenskyj warnt davor, ohne klare Sicherheitsgarantien in solche Verhandlungen einzutreten – insbesondere, da Russland seine militärischen Maximalforderungen bislang nicht aufgegeben hat.

Kommentar

Wadephuls Formulierung, europäische Interessen fänden „im Großen und Ganzen“ Berücksichtigung, klingt eher nach diplomatischer Schadensbegrenzung als nach selbstbewusster europäischer Gestaltungsmacht. Europa bleibt abhängig von US-Entscheidungen, insbesondere da der amerikanische Verhandlungsplan weiterhin Kernpunkte enthält, die für die Ukraine kaum akzeptabel sind.

Gleichzeitig zeigt seine Zurückhaltung in Fragen der Territorialpolitik oder eines möglichen Wahlprozesses, wie eng der Handlungsspielraum Deutschlands tatsächlich ist. Während die USA Forderungen formulieren, übt Europa Zurückhaltung – wohl auch aus Sorge, eine fragile Einheitsfront gegenüber Moskau zu gefährden.

Die zentrale Frage bleibt ungelöst: Wie kann Europa langfristig sicherstellen, dass ein „gerechter“ Frieden nicht zu Lasten seiner eigenen Sicherheitsarchitektur geht? Hier wirkt Wadephuls Optimismus bislang eher vorsichtig als überzeugend.

OZD

Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP