China hat am zweiten und geplanten letzten Tag seines Großmanövers rund um Taiwan erneut militärische Stärke demonstriert. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten auf der chinesischen Insel Pingtan, nur wenige Kilometer von Taiwan entfernt, wie am Dienstag mindestens zehn Raketen in schneller Folge abgefeuert wurden. Die Geschosse zogen weiße Rauchspuren über den Himmel, während parallel Kampfflugzeuge und Marineschiffe im Einsatz waren.
Das zweitägige Manöver mit dem Namen „Gerechtigkeits-Mission 2025“ begann am Montag und soll nach Angaben Pekings eine Blockade zentraler taiwanischer Häfen sowie Angriffe auf maritime Ziele simulieren. Es folgte unmittelbar auf die Bekanntgabe eines milliardenschweren Rüstungsdeals zwischen den USA und Taiwan. Die chinesische Armee erklärte, Bodentruppen hätten am Dienstagmorgen Schießübungen mit großer Reichweite in den Gewässern nördlich von Taiwan durchgeführt. Dabei seien Zerstörer, Fregatten und Kampfflugzeuge eingesetzt worden, die „gewünschten Ergebnisse“ seien erzielt worden.
Nach Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums wurden innerhalb von 24 Stunden 130 chinesische Militärflugzeuge sowie 14 Schiffe der chinesischen Marine und acht weitere Regierungsschiffe registriert. Die Streitkräfte Chinas trainierten nach eigenen Angaben Angriffe auf maritime Ziele, Luftabwehr sowie Anti-U-Boot-Operationen und testeten dabei die „integrierte Blockade und Kontrolle“ in den Gewässern nördlich und südlich der Insel.
Taiwans Präsident Lai Ching-te reagierte scharf. Er verurteilte das Manöver als „unverfrorene Provokation“ und erklärte, China untergrabe bewusst die regionale Stabilität durch militärische Einschüchterung. Zugleich betonte er, Taiwan werde seinerseits nichts unternehmen, um die Lage weiter zu eskalieren oder einen Konflikt zu provozieren.
Deutlich gelassener äußerte sich hingegen Donald Trump. Er erklärte vor Journalisten, er habe eine „großartige Beziehung“ zum chinesischen Staatschef Xi Jinping und glaube nicht, dass China eine Invasion Taiwans plane.
China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll – notfalls mit militärischer Gewalt. Die Spannungen hatten sich zuletzt weiter verschärft, nachdem Washington einen Rüstungsvertrag im Umfang von elf Milliarden Dollar mit Taipeh verkündet hatte. Chinas Außenminister Wang Yi erklärte am Dienstag, sein Land werde sich umfassenden Waffenverkäufen an Taiwan „entschlossen widersetzen“.
Die Militärübungen beeinträchtigten auch den zivilen Verkehr. Flüge zu den taiwanischen Inseln Kinmen und Matsu wurden abgesagt, rund 6000 Passagiere waren betroffen. Zudem meldeten die Behörden Auswirkungen auf etwa 850 internationale Flüge. OZD
OZD-Kommentar – Die Eskalation ist längst Realität
Was Peking als Übung verkauft, ist längst eine strategische Machtdemonstration mit klarer Botschaft. Raketenstarts, Blockadeszenarien und massive Truppenbewegungen dienen nicht der Verteidigung, sondern der Einschüchterung. Dass Taiwans Präsident von einer „unverfrorenen Provokation“ spricht, ist noch zurückhaltend formuliert. Die Region bewegt sich gefährlich nah an einer militärischen Normalisierung der Drohkulisse – und genau darin liegt die größte Gefahr.

Mini-Infobox
Name des Manövers: Gerechtigkeits-Mission 2025
Dauer: Zwei Tage
Eingesetzte Mittel: Raketen, Kampfjets, Kriegsschiffe
Auslöser: US-Rüstungsdeal mit Taiwan
OZD-Analyse
Militärische Dimension
a) Raketenstarts in Küstennähe
b) Simulation einer Seeblockade
c) Enge See-Luft-Koordination
Politische Botschaft
a) Warnung an Taiwan
b) Druck auf die USA
c) Abschreckung regionaler Partner
Regionale Folgen
a) Gefährdung des Flugverkehrs
b) Steigende Eskalationsgefahr
c) Belastung der Sicherheitsordnung im Indopazifik

Erklärungen
Was ist Taiwan?
Taiwan ist eine demokratisch regierte Insel im Westpazifik. China
beansprucht sie als Teil seines Staatsgebiets, obwohl Taiwan faktisch
unabhängig ist.
Was ist „Gerechtigkeits-Mission 2025“?
Dabei handelt es sich um ein großangelegtes chinesisches Militärmanöver,
das Blockaden, Raketenangriffe und kombinierte Marine- und
Luftoperationen rund um Taiwan simuliert.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
OZD-ExtrasChina hat in den vergangenen Jahren die Zahl seiner Großmanöver rund um Taiwan stetig erhöht – mit immer kürzerem zeitlichen Abstand.