Ihr Leben war ein beeindruckender Appell an Menschlichkeit, ihre Botschaft bleibt ein Vermächtnis für alle Generationen: „Seid Menschen“. Ihr Tod ist ein Einschnitt – und eine Verpflichtung.
Ein langes Leben ist zu Ende gegangen – eines, das heller leuchtete als viele andere: Margot Friedländer, Holocaust-Überlebende, Zeitzeugin, Mahnerin, ist tot. Sie starb im hohen Alter von 103 Jahren, doch ihr Wirken – eindringlich, bewegend, unvergessen – wird weit über ihren Tod hinausstrahlen.
Es gibt nur wenige Menschen, deren Worte so viel Bedeutung tragen wie die ihren. Worte, gesprochen mit gebrochener Stimme und doch so ungebrochenem Geist. Worte, die Jugendlichen ins Herz trafen. Worte, die uns als Gesellschaft immer wieder aufrütteln sollten: dass Erinnerung keine Pflichtübung ist, sondern ein Fundament. Dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, sondern verteidigt werden muss.
Margot Friedländer war keine bloße Zeitzeugin – sie war ein moralischer Kompass. Ihre Geschichte vom Überleben, vom Verlust, von der Rückkehr und von der Versöhnung ist kaum zu fassen. Verraten, verschleppt, ihrer Familie beraubt – und doch zurückgekehrt in das Land, das ihr so viel genommen hatte. Ihre Entscheidung, wieder in Berlin zu leben, war ein Akt des Mutes – und ein Geschenk an uns alle.
„Seid Menschen“, sagte sie. Kein Pathos, kein erhobener Zeigefinger – nur diese zwei Worte. Sie sind heute dringlicher denn je. Antisemitismus zeigt sich wieder offen. Demokratie wird in Frage gestellt. Margot Friedländer sah das kommen – und sie schwieg nie.
Jetzt ist ihre Stimme verstummt. Doch ihre Stiftung, ihre Bücher, ihre Auftritte – sie bleiben. Ihr Vermächtnis lebt in Klassenzimmern, Gedenkstätten und in jeder und jedem von uns weiter, der sich verantwortlich fühlt.
Deutschland hat eine seiner glaubwürdigsten Mahnerinnen verloren. Wir haben eine Stimme der Menschlichkeit verloren. Mögen wir nie vergessen, was sie uns gelehrt hat.
OZD
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Bild: AFP