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Baerbock will UNO reformieren – Kandidatur für Vollversammlungs-Präsidentschaft

In einer Rede in New York erklärte sie ihre Kandidatur als Präsidentin der UN-Vollversammlung und kündigte Reformen für Transparenz und Friedenssicherung an.

Mit deutlichen Worten zur Notwendigkeit globaler Zusammenarbeit hat sich Annalena Baerbock in New York als künftige Präsidentin der UN-Vollversammlung positioniert. Angesichts wachsender Abschottungstendenzen – insbesondere in den USA – sagte die frühere deutsche Außenministerin am Donnerstag, die Vereinten Nationen würden im 80. Jahr ihres Bestehens „mehr benötigt denn je“.

Baerbock betonte vor UN-Vertreterinnen und Vertretern, dass die UNO „unter starkem finanziellem und politischem Druck“ stehe. Doch sie rief zur Zuversicht auf: „Ich bin überzeugt, dass dies kein Moment der Verzweiflung ist.“ Vielmehr sei es eine Phase, in der mutige Reformen und transparente Prozesse notwendig seien. Als Präsidentin der Vollversammlung wolle sie genau daran arbeiten – effizient, integrativ und mit globalem Blick.

Zentrale Anliegen Baerbocks sind die Stärkung der UNO-Friedensmissionen, mehr Transparenz in Entscheidungsprozessen und eine verstärkte Beteiligung der Zivilgesellschaft. Vor allem junge Menschen müssten stärker einbezogen werden: „Die UNO muss den Menschen nähergebracht werden“, sagte die Grünen-Politikerin. Nur so könne man der wachsenden Polarisierung in vielen Gesellschaften entgegenwirken.

Mit Blick auf den in Kürze beginnenden Prozess zur Nachfolge von UN-Generalsekretär António Guterres kündigte Baerbock an, sie werde diesen als Vollversammlungspräsidentin „transparent und inklusiv“ begleiten. Die zweite Amtszeit Guterres endet im Dezember 2026 – der Kampf um seine Nachfolge hat politisch bereits begonnen.

Baerbocks Kandidatur wird von vielen Staaten der westeuropäischen Regionalgruppe unterstützt. Sie gilt als einzige Bewerberin. Dennoch hatte es in Deutschland interne Kritik gegeben – ursprünglich hatte die Bundesregierung die erfahrene Spitzendiplomatin Helga Schmid ins Rennen schicken wollen. Baerbock setzte sich dennoch durch.

Die Wahl findet am 2. Juni in der UN-Vollversammlung statt, der Amtsantritt Baerbocks wäre dann im September. Das Mandat dauert ein Jahr. Die UN-Vollversammlung ist das wichtigste Debattenforum der Weltgemeinschaft – alle 193 Mitgliedstaaten sind dort vertreten.

OZD

OZD-Kommentar
Annalena Baerbock will zur Spitze der Vereinten Nationen – und der Zeitpunkt könnte kaum symbolischer sein. Die Weltordnung gerät ins Wanken, Abschottung und Nationalismus feiern weltweit ihr Comeback. Doch statt Resignation sendet Baerbock eine Botschaft der Reform und Erneuerung – und spricht aus, was viele nicht zu sagen wagen: Die UNO ist nicht perfekt, aber sie ist unverzichtbar.

Ihr Vorstoß für mehr Transparenz, Jugendpartizipation und Friedenssicherung klingt nach Fortschritt – und nach dem Versuch, die UNO aus ihrer oft lähmenden Strukturstarre zu lösen. Doch genau das könnte Baerbock zum Problem werden: Die UNO ist ein Ort der Symbolik – aber auch der Machtinteressen. Ob ihre Vision mehr wird als ein schöner Plan, hängt davon ab, wie viele Staaten bereit sind, ihre Eigeninteressen zugunsten echter Reformen hintenanzustellen. Die Präsidentin kann nicht zaubern – aber vielleicht inspirieren.

OZD-Analyse

1. Baerbocks Kandidatur – ein diplomatisches Signal
a) Erste deutsche UN-Vollversammlungspräsidentin in Sicht:
– Baerbock ist einzige offizielle Kandidatin
– Unterstützung aus der westeuropäischen Gruppe (WEOG)
b) Hintergründe der Bewerbung:
– UNO im 80. Jahr – Reformdruck und Legitimitätskrise
– Deutschlands strategisches Interesse an UN-Präsenz

2. Politische Inhalte und Reformagenda
a) Baerbocks Schwerpunkte:
– Stärkung der Friedenssicherung
– Transparenz im UN-Apparat
– Inklusive Einbindung von Zivilgesellschaft und Jugend
b) Neuer Umgang mit UN-Generalsekretärs-Nachfolge:
– Prozess Guterres-Nachfolge soll „transparent und inklusiv“ werden
– Baerbock will neue Standards für demokratische Nachfolgeprozesse setzen

3. Kritik und Kontroversen
a) Kritik an innerdeutscher Nominierung:
– Ursprünglich war Helga Schmid vorgesehen
– Baerbocks Kandidatur gilt teils als parteipolitisch motiviert
b) Herausforderung Amtsrealität:
– UN-Präsidentschaft ist überwiegend moderierend, nicht exekutiv
– Reformwünsche treffen auf Strukturblockaden großer Mächte

Wer ist Annalena Baerbock?
Annalena Baerbock, geboren 1980, ist eine deutsche Politikerin der Grünen. Sie war von 2021 bis 2025 Bundesaußenministerin und zuvor Kanzlerkandidatin ihrer Partei. Baerbock gilt als überzeugte Multilateralistin und UN-Befürworterin. Mit ihrer Kandidatur für die UN-Vollversammlungsspitze strebt sie eines der sichtbarsten Ämter der globalen Diplomatie an.

Was ist die UN-Vollversammlung?
Die UN-Vollversammlung ist das zentrale Forum der Vereinten Nationen. Alle 193 Mitgliedstaaten sind dort gleichberechtigt vertreten. Die Vollversammlung berät über globale Themen wie Frieden, Sicherheit und Entwicklung. Die Präsidentschaft rotiert jährlich zwischen den Regionalgruppen – sie hat vor allem symbolischen und moderierenden Charakter.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.