Urlaubsgeld – für viele war es lange selbstverständlich. Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein: Laut aktueller Auswertung des WSI erhalten nur noch 44 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft die beliebte Zusatzleistung. Der Abwärtstrend ist klar: 2023 waren es noch 46 Prozent, 2022 sogar 47 Prozent. Besonders betroffen: Beschäftigte in kleinen Betrieben, in Ostdeutschland, ohne Tarifbindung – und Frauen.
Dabei zeigt sich einmal mehr die Schutzwirkung von Tarifverträgen: In tarifgebundenen Betrieben erhalten 72 Prozent Urlaubsgeld, in nicht tarifgebundenen nur 34 Prozent. Diese Kluft legt ein strukturelles Problem offen: Die tarifliche Absicherung schwindet, ebenso wie die Verhandlungsmacht einzelner Beschäftigter.
Ein weiteres Signal der Ungleichheit: Männer profitieren häufiger als Frauen, Westdeutsche mehr als Ostdeutsche. Auch die Betriebsgröße entscheidet: In Unternehmen mit über 500 Mitarbeitenden bekommen 59 Prozent Urlaubsgeld, in kleinen Betrieben unter 100 nur 36 Prozent. Diese Verteilung zeigt, wie unterschiedlich soziale Absicherung heute in Deutschland ausfällt.
Die Spreizung bei den Beträgen ist enorm: Zwischen 186 Euro in der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern und 2820 Euro in der Holz- und Kunststoffbranche in Westfalen-Lippe. Wer Glück hat, arbeitet in einer gut organisierten Industrie mit starken Tarifverträgen. Wer Pech hat, geht leer aus – selbst wenn die wirtschaftliche Lage im Betrieb solide ist.
Die Politik beobachtet diese Entwicklungen bislang weitgehend still. Doch wenn sich soziale Leistungen zunehmend nur noch über Tarifbindung regeln, steigt der Druck auf die Tarifparteien – und auf den Gesetzgeber. Denn mit Blick auf Inflation und Reallohnverluste ist Urlaubsgeld nicht nur ein Bonus, sondern für viele ein finanzielles Polster. Dass es schwindet, ist mehr als eine Randnotiz. Es ist ein Alarmsignal.
OZD
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