Mit seinem Appell zur 400-prozentigen Ausweitung der Luft- und Raketenabwehr skizziert Mark Rutte eine Nato, die sich auf lange Sicht auf einen hochgerüsteten Kalten Krieg 2.0 einstellt. Angesichts russischer Luftangriffe auf die Ukraine ist der Vorstoß nachvollziehbar. Ein gestärkter Luftraumschutz kann Leben retten, besonders in den osteuropäischen Nato-Staaten. Doch die Schlagzeile provoziert nicht nur militärpolitisch, sondern auch rhetorisch – und Moskaus sofortige Reaktion bestätigt das.
Ein massiver Aufrüstungsplan dieser Größenordnung sendet auch ein Signal der Eskalation, das über Verteidigungsfragen hinausgeht. Nicht nur Russland, sondern auch blockfreie Staaten nehmen die Nato zunehmend als offensiv wahr – ein Problem, wenn es um globale Koalitionen gegen autoritäre Tendenzen geht.
Die eigentliche Herausforderung bleibt: Sicherheit stärken, ohne neue Unsicherheit zu erzeugen. Eine glaubwürdige Abschreckung braucht Transparenz, Dialogbereitschaft und klar definierte rote Linien. Wer nur auf "mehr Waffen" setzt, riskiert, dass der politische Kompass verloren geht.
Analyse:
Warum jetzt? Russlands massive Luftangriffe auf die Ukraine verdeutlichen, wie verwundbar Lufträume auch in Europa sind.
Was bedeutet „400 Prozent“? Das umfasst nicht nur mehr Raketenabwehrsysteme wie Patriot oder IRIS-T, sondern auch Frühwarnsysteme, Drohnenabwehr und modernisierte Infrastruktur.
Wie reagiert Russland? Der Kreml sieht sich durch die Nato zunehmend „eingekreist“ – und nutzt solche Aussagen zur Rechtfertigung eigener militärischer Mobilisierung.
Was will die USA? Mit Trumps Druck für ein Fünf-Prozent-Ziel bei Militärausgaben rückt erneut die Belastungsgleichheit innerhalb der Nato ins Zentrum – mit offenem Ausgang.
OZD
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Bild: AFP