Paris/Washington. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Russland scharf kritisiert. Nach einer Videokonferenz der in der „Koalition der Willigen“ zusammengeschlossenen Ukraine-Verbündeten erklärte er am Sonntag: „Es gibt nur einen Staat, der einen Friedensvorschlag macht, der eine Kapitulation bedeuten würde: Russland.“ Damit stellte Macron unmissverständlich klar, dass Kremlchef Wladimir Putin keinen Frieden, sondern Unterwerfung anstrebt.
Putins Kalkül sei durchsichtig: Russland wolle nicht verhandeln, sondern diktieren. „Ich bin überzeugt, dass Putin keinen Frieden will“, so Macron. Die zentrale Frage sei deshalb, wie weit die USA und insbesondere Präsident Donald Trump bereit seien, tatsächlich verbindliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu geben.
Europäische Geschlossenheit gegen Putins Diktat
Für die Beratungen am Montag im Weißen Haus sei das Ziel eindeutig, betonte Macron: „eine geeinte Front zwischen Europäern und Ukrainern zu präsentieren“. Schon am Freitag hatte Trump im US-Bundesstaat Alaska erstmals seit Beginn des Krieges vor dreieinhalb Jahren mit Putin gesprochen. Danach war durchgesickert, dass Trump offenbar russische Forderungen nach einer kompletten Kontrolle über die ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk unterstützt.
Europa reagierte prompt. Macron stellte klar, dass es „keine territorialen Diskussionen über die Ukraine ohne die Ukrainer geben kann“ – ebenso wenig wie Verhandlungen über die Sicherheit Europas ohne die Europäer selbst. Damit schickte er eine deutliche Botschaft an Trump: Deals hinter dem Rücken der Betroffenen werden nicht akzeptiert.
Rekord-Delegation nach Washington
Das Gewicht, das die Europäer dieser entscheidenden Phase beimessen, zeigt sich auch an der Zusammensetzung der Delegation: Neben Macron reisen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der britische Premier Keir Starmer, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte an. Gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wollen sie in Washington klarstellen, dass Europa hinter Kiew steht – und nicht bereit ist, russische Gebietsansprüche zu legitimieren.
Trump empfängt Selenskyj zunächst alleine. Danach soll die größere Runde zusammentreten, um über Sicherheitsgarantien, Hilfen und mögliche diplomatische Wege zu beraten. Dass sich eine so breite europäische Führungsriege auf den Weg in die USA macht, gilt als diplomatisches Signal an Putin, aber auch an Trump selbst: Europa will in dieser Frage nicht Zuschauer, sondern Mitgestalter sein.
Deutschland beansprucht Führungsrolle
Außenminister Johann Wadephul (CDU) unterstrich am Wochenende, dass die Bundesregierung die europäischen Bemühungen aktiv anführe. „Deutschland geht hier bewusst in eine Führungsrolle hinein“, sagte er dem Sender ntv. Mit Kanzler Merz an der Spitze wolle Berlin eine Vermittlerrolle spielen, ohne dabei die Grundprinzipien preiszugeben: territoriale Integrität der Ukraine, konsequenter Druck auf Russland, enge Abstimmung mit den Verbündeten.
Kommentar
Macrons Worte bringen den Kern des Problems auf den Punkt: Was Russland als „Friedensvorschlag“ verkauft, ist nichts anderes als die Forderung nach Kapitulation. Wer in diesem Moment Gebietsabtretungen diskutiert oder Putins Drohungen nachgibt, stellt die Grundregeln internationaler Sicherheit infrage.
Trump wirkt in dieser Gemengelage wie ein Unsicherheitsfaktor. Sein offenes Eingehen auf russische Forderungen nach Donezk und Luhansk sendet ein fatales Signal: dass Gewalt und Aggression am Ende belohnt werden könnten. Genau davor warnen Macron und andere europäische Spitzenpolitiker – und sie haben recht.
Die Stärke Europas in Washington wird sich daran messen lassen, ob es gelingt, Trump klare rote Linien aufzuzeigen. Frieden darf nicht mit Kapitulation verwechselt werden. Wer die Ukraine zwingt, ihr Territorium preiszugeben, schwächt nicht nur Kiew, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Westens insgesamt.
OZD
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Bild: AFP