Ein Kommentar der OZD
Mit der Entsendung von Tausenden Soldaten und Nationalgardisten nach Los Angeles hat Donald Trump eine beispiellose innenpolitische Eskalation provoziert. Statt auf Deeskalation oder Dialog zu setzen, reagiert der ehemalige Präsident mit martialischer Härte auf Proteste, die sich gegen seine rigorose Abschiebungspolitik richten. Diese Machtdemonstration ist nicht nur verantwortungslos – sie ist brandgefährlich.
Was hier geschieht, ist mehr als nur ein sicherheitspolitischer Einsatz. Es ist der bewusste Versuch, Angst zu säen und politischen Widerstand zu kriminalisieren. Trumps Darstellung der Protestierenden als „professionelle Agitatoren“ soll legitimieren, dass das US-Militär gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt wird – ein Szenario, das selbst in den turbulentesten Zeiten der amerikanischen Geschichte Seltenheitswert hatte.
Der Einsatz aktiver US-Marines in einer US-Stadt wie Los Angeles widerspricht der jahrzehntelang geübten Zurückhaltung gegenüber militärischer Präsenz im Inland. Dass dies ohne Absprache mit dem Bundesstaat Kalifornien geschieht, stellt einen klaren Bruch mit dem föderalen Prinzip dar. Gouverneur Gavin Newsom nannte den Schritt zurecht „geistesgestört“ – denn genau das ist es, wenn Streitkräfte, die einst in Auslandsmissionen demokratische Werte verteidigen sollten, nun auf heimischem Boden gegen Demonstrierende stehen.
Die Nationalgarde hat grundsätzlich die Aufgabe, in Notsituationen wie Naturkatastrophen oder schweren inneren Unruhen auf Anforderung der Gouverneure unterstützend tätig zu werden. Sie steht unter doppelter Kontrolle: durch die Bundesregierung und die Bundesstaaten. Der Präsident kann sie in Ausnahmefällen auch ohne Zustimmung der Staaten aktivieren – was Trump nun rücksichtslos ausnutzt, um politische Macht zu demonstrieren. Die Einbindung aktiver Soldaten – also regulärer Truppen wie der US-Marines – hebt diesen Vorgang jedoch auf eine neue Eskalationsstufe.
Der Einsatz des Militärs gegen die Bevölkerung ist ein gefährlicher Tabubruch. Er gefährdet die zivile Kontrolle, untergräbt das Vertrauen in staatliche Institutionen und verschärft die ohnehin fragile gesellschaftliche Lage in den USA. Wenn Kritik an der Regierung in eine Konfrontation mit bewaffneten Soldaten mündet, steht nicht nur die Demokratie auf dem Spiel – sie ist bereits beschädigt.
Trumps Eskalationskurs hat nichts mit Ordnung zu tun. Er ist Ausdruck eines autoritären Machtverständnisses, das jede Kritik als Feindseligkeit ansieht. Wer Soldaten gegen protestierende Bürgerinnen und Bürger schickt, hat den Sinn für Maß, Verantwortung und Demokratie längst verloren.
OZD
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Bild: AFP