Die Aussage von US-Außenminister Marco Rubio, die Welt sei nach den gezielten US-Angriffen auf iranische Atomanlagen „sicherer und stabiler“, ist nicht nur kühn – sie ist brandgefährlich, wenn sie als Handlungsmaxime verstanden wird.
Objektiv betrachtet haben die Angriffe zwar das iranische Atomprogramm militärisch schwer getroffen, wie es die US-Regierung darstellt. Doch Sicherheit misst sich nicht allein an zerstörter Infrastruktur, sondern an Stabilität, Vertrauen und der Fähigkeit zur Kommunikation. All das wurde durch den Einsatz massiver Gewalt weiter geschwächt. Die internationale Lage ist nicht sicherer, sondern angespannter. Teheran kündigt Vergeltung an, Russland und China verurteilen die US-Angriffe scharf, und die Spirale aus Gewalt und Gegenreaktion dreht sich weiter.
Rubios Behauptung von „Fake-Verhandlungen“ und „Tricksereien“ Teherans trägt nicht zur Deeskalation bei. Sie widerspricht zudem der grundlegenden Idee von Diplomatie, die immer auch Unvollkommenheit, Misstrauen und Kompromissbereitschaft beinhaltet. Wenn jede Verhandlung, die nicht zu sofortigen US-Zielen führt, als Täuschung gewertet wird, verlieren Gespräche ihren Sinn – und damit auch jede langfristige Strategie zur Nichtverbreitung von Atomwaffen.
Zukunftsorientiert müssen die diplomatischen Kanäle offengehalten werden. Wenn selbst nach einem militärischen Schlag dieser Größenordnung das Ziel weiter lautet: „Verhindern, dass der Iran zur Atommacht wird“, dann muss sich die Weltgemeinschaft fragen: Wie? Dauerhafte Abschreckung durch periodische Bombardierungen? Oder durch vertragliche, überprüfbare Vereinbarungen wie dem früheren Atomdeal (JCPOA), der trotz all seiner Mängel ein Rahmenwerk für Transparenz bot?
Deeskalierend braucht es jetzt klare Signale aus Washington, dass man bereit ist, nach dem Schlag zurück zur Politik zu finden. Auch aus Teheran. Der Besuch des iranischen Außenministers bei Putin zeigt: Iran sucht Verbündete – und potenziell Gesprächskanäle. Diese sollten westliche Diplomaten ernst nehmen.
Rubios Aussage mag innenpolitisch Wirkung entfalten. Außenpolitisch ist sie vor allem eines: riskant. Denn Sicherheit entsteht nicht durch kurzfristige Dominanz, sondern durch langfristige Stabilität.
OZD
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