Griechenland geht einen mutigen Schritt im Kampf gegen die Zerstörung der Meereswelt: Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis kündigte am Montag die Einrichtung zweier neuer Meeresschutzgebiete im Ionischen Meer und in der Ägäis an. Die Gebiete zählen zu den größten im gesamten Mittelmeerraum. Noch bedeutender: In sämtlichen Schutzgebieten des Landes wird ab 2030 das kommerzielle Fischen mit zerstörerischen Schleppnetzen am Meeresboden vollständig untersagt – ein Novum in Europa.
„Ich habe bei der UN-Ozeankonferenz in Nizza versprochen, Griechenlands einzigartiges maritimes Erbe zu ehren“, sagte Mitsotakis in einer Videobotschaft. „Heute löse ich dieses Versprechen mit der Schaffung von zwei maritimen Nationalparks ein.“ Das Ziel: Die langfristige Erhaltung der marinen Ökosysteme, die durch Überfischung, Verschmutzung und Klimawandel unter Druck stehen.
Besonders betroffen ist das sogenannte Grundschleppnetz-Fischen. Dabei werden schwere Netze über den Meeresboden gezogen, die nicht nur Fische, sondern auch empfindliche Habitate wie Seegraswiesen und Korallenbänke zerstören. Derartige Praktiken sind selbst in bestehenden Schutzgebieten weltweit bislang noch erlaubt. Griechenland ist das erste europäische Land, das diesen Widerspruch konsequent beendet.
Das Mittelmeer gehört laut Umweltschützern zu den am stärksten übernutzten Meeresräumen der Welt. Wissenschaftler begrüßen den Schritt Athens als „wegweisend“. Griechenlands Küstenlinie erstreckt sich über rund 13.600 Kilometer, das Land umfasst hunderte bewohnte und unbewohnte Inseln – eine einzigartige maritime Schatzkammer Europas.
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OZD-Kommentar
Was Griechenland wagt, ist mehr als ein symbolischer Akt – es ist ein echter Systembruch. Während viele europäische Staaten bei Umweltfragen auf Konferenzen reden, aber zu Hause wenig ändern, setzt Athen eine Maßnahme mit echtem Biss um: die Verbannung der kommerziellen Grundschleppnetz-Fischerei. Was in Schutzgebieten eigentlich selbstverständlich sein sollte – dass man sie schützt –, wird hier endlich Realität. Die EU-Staaten müssen sich daran messen lassen. Wie lange kann sich Brüssel noch vor einer gemeinsamen Reform der Meerespolitik drücken? Dass es Griechenland braucht, um Europa wachzurütteln, ist ein Schlaglicht auf den ökologischen Tiefschlaf vieler Regierungen.
OZD-Analyse
1. Was hat Griechenland beschlossen?
– Einrichtung zweier riesiger Meeresschutzgebiete in Ionischem Meer und Ägäis
– Verbot der kommerziellen Grundschleppnetz-Fischerei in allen Schutzgebieten bis 2030
– Erstes EU-Land mit solch einer umfassenden Schutzregelung
2. Bedeutung für das Mittelmeer und Europa
– Mittelmeer gilt als eines der am stärksten befischten Meere weltweit
– Schutzgebiete bisher oft nur auf dem Papier wirksam
– Signalwirkung an andere EU-Mitgliedsstaaten, vor allem Anrainer wie Italien, Spanien und Frankreich
— a) Potenzial für neue multilaterale Schutzinitiativen
— b) Druck auf EU-Kommission, verbindliche Schutzrichtlinien zu überarbeiten
3. Was bedeutet das für die Fischerei?
– Betroffen sind insbesondere industrielle Fangflotten mit Grundschleppnetzen
– Nachhaltigere Fischereiformen wie Handangeln oder Langleinen dürften außerhalb der Schutzgebiete fortbestehen
– Langfristiger Erhalt von Fischbeständen soll auch wirtschaftliche Zukunft sichern
– Mitsotakis: „Indem wir den Ozean schützen, schützen wir unsere eigene Zukunft“
Was ist Grundschleppnetz-Fischerei?
Grundschleppnetz-Fischerei ist eine Fangmethode, bei der schwere Netze über den Meeresboden gezogen werden. Dabei werden nicht nur Fische gefangen, sondern ganze Lebensräume zerstört – darunter empfindliche Ökosysteme wie Seegraswiesen, Schwämme oder Korallenriffe. Diese Technik gilt als besonders zerstörerisch, ist aber in vielen Ländern nach wie vor erlaubt – auch in Meeresschutzgebieten.
Wer ist Kyriakos Mitsotakis?
Kyriakos Mitsotakis ist seit 2019 Ministerpräsident Griechenlands und Vorsitzender der konservativen Partei Nea Dimokratia. In der EU profilierte er sich zuletzt durch ambitionierte Klimaziele, Investitionen in Digitalisierung – und nun durch eine Vorreiterrolle beim Schutz der Meere. Er stammt aus einer bekannten griechischen Politikerfamilie; sein Vater Konstantinos Mitsotakis war ebenfalls Premierminister.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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