Cannes macht ernst: Die weltbekannte Filmstadt an der Côte d’Azur zieht die Reißleine beim Kreuzfahrttourismus – ein mutiger Schritt in einer Region, die vom Tourismus lebt, aber unter seinen Folgen leidet. Künftig darf nur noch ein großes Kreuzfahrtschiff mit über 3000 Passagieren pro Tag vor der Küste ankern, insgesamt maximal 6000 Kreuzfahrtgäste täglich – das bedeutet laut Stadtverwaltung fast 50 Prozent weniger Schiffsanläufe.
Ab etwa 2030 sollen dann nur noch Schiffe mit maximal 1300 Passagieren zugelassen werden. Was nach Verzicht klingt, ist in Wahrheit ein Akt ökologischer Vernunft: Keine Hafenstadt kann dauerhaft Zehntausende Touristen per Großschiff verkraften, ohne ihre Lebensqualität, Luft und Meeresökologie zu gefährden.
Die Branche zeigt sich erwartungsgemäß wenig erfreut. Die Cruise Lines International Association (Clia) spricht von "ungerechtfertigten Einschränkungen" und betont den Beitrag zum wirtschaftlichen Leben in Hafenstädten. Doch genau diese Argumentation ist nicht mehr zeitgemäß: Ein hoher kurzfristiger Profit darf nicht länger auf Kosten der Umwelt, Klimaresilienz und kommunalen Infrastruktur gehen.
Cannes folgt damit dem Beispiel von Nizza, wo die Kommune ebenfalls versucht, durch Obergrenzen, Ankerverbote und Umweltcharta die touristischen Auswirkungen großer Schiffe einzudämmen. Selbst wenn dort die harte Regelung für Villefranche-sur-Mer wieder zurückgezogen wurde, zeigt die Entwicklung: Die Diskussion um eine nachhaltige Ausrichtung des Tourismus ist in vollem Gange.
Die Kritik, dass durch die Einschränkungen Reisefreude gebremst werde, verkennt einen entscheidenden Punkt: Sanfter Tourismus und Klimaschutz schließen sich nicht aus – im Gegenteil. Städte wie Cannes beweisen, dass langfristiges Denken Priorität vor kurzfristigem Umsatz bekommen kann. Gerade im Mittelmeerraum, wo Hitze, Meeresverschmutzung und Overtourism längst reale Herausforderungen sind, ist das ein wichtiges Signal.
Wenn Städte wie Cannes es schaffen, durch klare Regeln die Balance zwischen Umwelt und Tourismus zu halten, könnten sie langfristig sogar an Attraktivität gewinnen – nicht trotz, sondern wegen ihrer Schutzmaßnahmen.
OZD
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Bild: AFP