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„Der Eindruck ist falsch“: Umweltminister Schneider wehrt Vorwürfe gegen Deutschlands Klimapolitik ab

Carsten Schneider verteidigt in Belém Deutschlands Zusage zur internationalen Klimafinanzierung und verweist auf laufende Haushaltsprüfungen. Kritik an fehlender Summe weist er zurück – ebenso wie Zweifel an der deutschen Klimapolitik.

Bundesumweltminister Carsten Schneider hat am Rande der Weltklimakonferenz COP30 im brasilianischen Belém bekräftigt, dass Deutschland zur internationalen Klimafinanzierung stehe. In den ARD-„Tagesthemen“ verteidigte der SPD-Politiker am Sonntagabend, dass die Bundesregierung bislang keine konkrete Summe für ihre Beteiligung am neuen Tropenwald-Fonds TFFF genannt hat. Deutschland müsse sich strikt an die Bundeshaushaltsordnung halten, erklärte Schneider, weshalb zunächst eine klare Gegenfinanzierung notwendig sei.

Diese werde derzeit erarbeitet, und Schneider sprach von einer „namhaften Summe“. Da der Fonds allerdings erst in ein bis zwei Jahren starten werde, gebe es keinen Zeitdruck. Entscheidend sei, „dass wir zur internationalen Klimafinanzierung stehen und auch diese brasilianische Präsidentschaft hier bei der COP zu einem Erfolg bringen“. Deutschland wolle beim Klimaschutz vorangehen und gleichzeitig die Anpassung an die dramatischen Veränderungen unterstützen, unter denen die Bevölkerung im Amazonasgebiet besonders stark leidet.

Den Vorwurf, Deutschland werde seiner Vorreiterrolle im Klimaschutz nicht gerecht, wies Schneider kategorisch zurück. „Der Eindruck ist falsch“, sagte er und verwies auf die Einigung zum EU-Klimaziel 2040 sowie auf die gesetzlich festgeschriebene Treibhausgas-Neutralität Deutschlands bis 2045. Die Bundesregierung habe lange dafür gearbeitet, diese Ziele verbindlich zu machen.

Zur geplanten Senkung der Ticketsteuer im Flugverkehr sagte Schneider, es handle sich um eine Einzelmaßnahme. Entscheidend sei die Gesamtheit des Klimaschutzpakets, nicht einzelne Bausteine.

OZD




OZD-Kommentar

Carsten Schneider versucht, in Belém ein Bild der Stabilität zu zeichnen – doch das Fundament seiner Worte wirkt erstaunlich weich. Wer „namhafte Summen“ ankündigt, ohne Zahlen zu nennen, setzt auf Zeit und Vertrauen, nicht auf Transparenz. Genau das aber ist bei der internationalen Klimafinanzierung längst zum größten Knackpunkt geworden. Die Staaten des globalen Südens wollen keine Absichtserklärungen mehr, sie wollen Verbindlichkeit.

Für Deutschland steht viel mehr auf dem Spiel als ein Tropenwald-Fonds. Es geht um Glaubwürdigkeit. Wenn Berlin einerseits milliardenschwere Klimaziele beschwört, andererseits aber an der Ticketsteuer schraubt, entsteht ein widersprüchliches Bild, das internationale Partner irritiert. Schneider betont, der Eindruck sei falsch – doch der Eindruck entsteht nicht zufällig.

Die Realität ist: Deutschland kämpft weiterhin mit Haushaltszwängen, politischen Prioritäten und einem Klimapaket, das an vielen Stellen zu langsam greift. Worte reichen in Belém nicht. Die Welt wartet auf Zahlen. Und je länger Berlin zögert, desto größer wird der Zweifel, ob der selbsternannte Vorreiter den eigenen Ansprüchen noch gerecht wird.


Mini-Infobox
– COP30 findet im brasilianischen Belém statt.
– Der Tropenwald-Fonds TFFF soll 2026/27 starten.
– Deutschland hat Klimaneutralität für 2045 gesetzlich verankert.
– EU-Klimaziel: 90 Prozent Emissionsreduktion bis 2040.


OZD-Analyse

Deutschlands Rolle auf der COP30
Die Bundesregierung versucht, ihre Rolle als verlässlicher Partner im globalen Klimaschutz zu behaupten. Gleichzeitig belasten Haushaltsrestriktionen die Umsetzung internationaler Zusagen. Die COP30 erwartet klare Signale – und Deutschland kann sich zögerliche Antworten eigentlich nicht leisten.

Klimafinanzierung und internationale Erwartungen
Die Partnerstaaten drängen auf konkrete Zusagen. Gerade Länder wie Brasilien wollen wissen, wie viel Unterstützung tatsächlich fließen kann. Die Unsicherheit um die TFFF-Beteiligung wird international genau registriert.

Innenpolitische Spannungen im Klimapaket
Die geplante Senkung der Ticketsteuer steht stellvertretend für die widersprüchlichen politischen Dynamiken in Berlin. Klimaschutz trifft auf soziale und wirtschaftliche Interessen – ein Balanceakt, der zunehmend schwerer zu halten ist.





Erklärungen

Was ist die COP30?
Die 30. UN-Klimakonferenz (COP30) findet 2025 in Belém, Brasilien, statt. Delegierte aus rund 200 Staaten verhandeln dort über globale Klimaziele, Klimafinanzierung und Maßnahmen zur Anpassung an die Erderwärmung. Die Konferenz gilt als wegweisend, da sie erstmals im Amazonasgebiet ausgetragen wird – einer Region, die für den weltweiten Klimaschutz eine zentrale Rolle spielt.


OZD-Extras
Der Amazonas-Regenwald könnte laut Expertinnen und Experten schon ab 2035 Kipppunkte erreichen, ab denen sich Teile des Ökosystems nicht mehr erholen – ein Grund, warum die COP30 in Belém als historisch gilt.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.