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Thailand und Kambodscha im Krieg?

An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha ist ein alter Territorialkonflikt eskaliert. Raketen, Luftangriffe und Artillerie haben bereits zahlreiche Zivilisten das Leben gekostet – darunter Schulkinder. Kambodscha ruft den UN-Sicherheitsrat an.

Der jahrzehntelange Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha ist am Donnerstag in blutige Kämpfe übergegangen. In den Provinzen Surin und Oddar Meanchey lieferten sich die Streitkräfte beider Länder heftige Gefechte – mit Artillerie, Raketenangriffen und Luftschlägen. Nach offiziellen Angaben wurden mindestens elf thailändische Zivilisten getötet und mindestens 14 weitere verletzt, darunter auch Kinder.

Auslöser der Eskalation ist ein seit Jahren ungeklärter Grenzverlauf rund um zwei historische Tempelanlagen im sogenannten Smaragd-Dreieck, wo die thailändische Provinz Surin an Kambodscha grenzt. Beide Seiten bezichtigen sich gegenseitig, die Gewalt provoziert zu haben. Während das kambodschanische Verteidigungsministerium von einem "bewaffneten Angriff" durch thailändische Truppen spricht, wirft Thailand Kambodscha "gezielte Attacken auf Zivilisten" vor.

Besonders tragisch war ein Angriff auf eine Tankstelle in der thailändischen Provinz Sisaket, bei dem mehrere Schüler in einem angrenzenden Laden ums Leben kamen. Auf Videos war dicker Rauch zu sehen, der aus dem Gebäude aufstieg. Auch im Bezirk Kap Choeng schlugen Raketen ein, drei Zivilisten wurden dabei verletzt.

Im Gegenzug flogen thailändische F-16-Kampfjets Angriffe auf zwei Militärziele auf kambodschanischem Boden. Die thailändische Regierung warnte ihre Staatsbürger in Kambodscha eindringlich und forderte sie auf, das Nachbarland umgehend zu verlassen. Übergangsregierungschef Phumtham Wechayachai erklärte, man werde "im Einklang mit dem Völkerrecht handeln", aber auch Thailands territoriale Integrität verteidigen.

Kambodschas Regierungschef Hun Manet reagierte mit einem Brief an den UN-Sicherheitsrat, in dem er "absichtliche und unprovozierte Angriffe" Thailands beklagt. China, enger Partner Kambodschas, zeigte sich "tief besorgt", während Malaysia zur Mäßigung aufrief.

Der aktuelle Gewaltausbruch ist die schwerste Eskalation seit Jahren. Der Tempelstreit in der Region hat in der Vergangenheit mehrfach zu Gefechten geführt – zuletzt im Mai, als ein kambodschanischer Soldat getötet wurde. Nun droht die Lage endgültig außer Kontrolle zu geraten. ozd


OZD-Kommentar
Was als schwelender Grenzstreit begann, hat sich in einen offenen Krieg verwandelt. Die Eskalation zwischen Thailand und Kambodscha zeigt, wie explosiv ungelöste Grenzfragen sein können – besonders, wenn Nationalstolz, historische Tempel und regionale Machtansprüche miteinander kollidieren. Es sind nicht Generäle, die jetzt leiden – es sind Schulkinder, die in Tankstellen sterben, Bauern, die ihre Felder fluchtartig verlassen müssen, Familien, die zwischen zwei Fronten zerrieben werden.

Beide Regierungen führen einen Propagandakrieg – doch der Preis wird von Zivilisten bezahlt. Dass nun sogar Kampfjets eingesetzt werden, macht deutlich: Die Schwelle zum Krieg ist längst überschritten. Was fehlt, ist nicht Munition – was fehlt, ist Mut zur Diplomatie.

Der UN-Sicherheitsrat muss unverzüglich handeln. Aber auch ASEAN, das Staatenbündnis Südostasiens, darf sich nicht länger hinter höflichen Formeln verstecken. Wenn das Smaragd-Dreieck weiter brennt, wird bald ganz Südostasien den Rauch spüren.


OZD-Analyse
1. Historischer Hintergrund
– Der Konflikt dreht sich um den Grenzverlauf nahe zweier Tempel (u. a. Prasat Ta Muen und Ta Krabey).
– Beide Länder beanspruchen das Gebiet – vor allem wegen der historischen Bedeutung der Tempelanlagen aus der Angkor-Zeit.
– Bereits 2008 und 2011 kam es zu Gefechten mit Toten.

2. Aktuelle Eskalation
a) Opfer und Schäden –
– Mindestens 11 thailändische Zivilisten getötet
– 14 Verletzte, darunter Schüler
– Raketenangriff auf Tankstelle, Luftschläge durch thailändische F-16

b) Politische Reaktionen –
– Kambodscha beantragt Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats
– Thailand fordert Schutz seiner Souveränität
– China zeigt sich „tief besorgt“, Malaysia ruft zur Mäßigung auf

3. Internationale Dimension
– China: enger Verbündeter Kambodschas, dürfte Einfluss nehmen wollen
– USA: traditionell enger Partner Thailands, bisher keine offizielle Reaktion
– ASEAN: Regionalbündnis müsste dringend vermitteln, ist aber oft blockiert


Was ist das Smaragd-Dreieck?
Das Smaragd-Dreieck ist eine inoffizielle Bezeichnung für die Region, in der die Grenzen von Thailand, Kambodscha und Laos aufeinandertreffen. In dem dicht bewaldeten Gebiet liegen mehrere Tempelanlagen aus dem Khmer-Reich, darunter der umstrittene Prasat Ta Muen. Das Gebiet ist arm, schwer zugänglich – und geopolitisch hochbrisant. Immer wieder kommt es dort zu Zwischenfällen, da keine verbindliche Grenzlinie zwischen Thailand und Kambodscha festgelegt wurde.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.



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