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Syrien: Damaskus untersucht mutmaßliche Hinrichtungen in Suwaida

Nach schweren Kämpfen in Suwaida leitet die syrische Regierung Untersuchungen wegen außergerichtlicher Tötungen ein – auch gegen eigene Kräfte.

Blutige Eskalation in Südsyrien: Regierung reagiert auf schwere Vorwürfe

Die syrische Übergangsregierung hat offiziell Ermittlungen zu mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen in der Provinz Suwaida eingeleitet. Inmitten der eskalierenden Gewalt zwischen der drusischen Minderheit und sunnitischen Beduinenstämmen will Damaskus ein klares Signal senden: Niemand soll über dem Gesetz stehen.

Laut syrischem Innenministerium handelt es sich bei den Taten um „schwerwiegende Verbrechen“, die mit der vollen Härte des Gesetzes geahndet würden. Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra kündigte zudem die Bildung eines unabhängigen Komitees an, das die „schockierenden und schweren Übergriffe“ in Suwaida untersuchen soll – auch dann, wenn die Täter innerhalb der Streitkräfte agierten oder direkte Verbindungen zum Ministerium aufwiesen.

Die Dringlichkeit der Untersuchung wurde durch die Enthüllung eines weiteren Komitees untermauert. Dieses hatte zuvor die Massaker an Zivilisten der alawitischen Minderheit im März untersucht und bestätigte, dass auch Mitglieder „militärischer Gruppen und Fraktionen“ am Blutvergießen beteiligt waren.

Suwaida: Stadt zurück in drusischer Hand – Waffenruhe hält

Nach den tagelangen Gefechten mit mehr als 1300 Todesopfern, darunter zahlreiche Zivilisten, konnten drusische Einheiten am Wochenende die Kontrolle über die Provinzhauptstadt Suwaida zurückgewinnen. Sowohl Beduinenquellen als auch mit ihnen verbündete Milizen bestätigten die Rückeroberung. Seitdem hält eine brüchige Waffenruhe, und am Sonntag traf ein erster Hilfskonvoi mit dringend benötigten Gütern in der Stadt ein.

Besonders erschütternd sind die Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die von 196 drusischen Zivilisten berichtet, die angeblich in Schnellverfahren durch Kräfte des Verteidigungs- und Innenministeriums hingerichtet wurden. Insgesamt sollen 533 drusische Kämpfer, 300 drusische Zivilisten, 423 Regierungsangehörige und 35 Beduinen getötet worden sein. Drei der Beduinen – laut Beobachtungsstelle Zivilisten – seien durch drusische Kämpfer hingerichtet worden.

Die Angaben der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle basieren auf einem Aktivistennetzwerk in Syrien, können aber in der Regel nicht unabhängig verifiziert werden. Dennoch rücken sie die Komplexität und Brutalität des Konflikts in ein grelles Licht – ein Konflikt, der tief in die religiösen, ethnischen und politischen Spannungen des Landes eingebettet ist.

Politische Botschaft oder echte Aufklärung?

Beobachter fragen sich nun, ob die von Damaskus angekündigten Untersuchungen wirklich auf eine lückenlose Aufklärung und Gerechtigkeit abzielen – oder eher als politische Reaktion auf internationalen Druck zu verstehen sind. Dass auch Angehörige staatlicher Institutionen unter Verdacht stehen, könnte zum Lackmustest für Syriens Justiz und Regierung werden.

Fakt ist: Die Gewalt in Suwaida wirft ein weiteres Schlaglicht auf die fragile Lage in Südsyrien – und auf die Notwendigkeit einer echten politischen Lösung, die über Symbolpolitik hinausgeht. 

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr
Bild: AFP