Es ist ein geopolitischer Paukenschlag mit weitreichenden Folgen: US-Präsident Donald Trump hat die jahrzehntelangen Sanktionen gegen Syrien aufgehoben und damit nach dem Sturz des Assad-Regimes ein neues Kapitel eingeläutet. Die Reaktionen aus Damaskus und den syrischen Städten folgten prompt: Menschen feierten auf den Straßen, Feuerwerke erleuchteten die Nacht.
„Heute beginnen wir die eigentliche Arbeit, mit der das moderne Syrien wiedergeboren werden wird“, erklärte Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa in einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache. Die Entscheidung Trumps nannte er „historisch und mutig“. Auch der syrische Außenminister Asaad al-Schaibani sprach von einem „entscheidenden Wendepunkt“ und kündigte „Stabilität und echten Wiederaufbau“ an.
Zuvor hatte Trump al-Scharaa persönlich in Riad getroffen. Das Treffen war von Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman eingefädelt worden und gilt als erstes bilaterales Gespräch zwischen einem US-Präsidenten und einem syrischen Amtskollegen seit 25 Jahren. Trump lobte den neuen Machthaber: al-Scharaa sei ein „junger, attraktiver Kerl“ und ein „Kämpfer“, so Trump wörtlich.
Die Aufhebung der Sanktionen erfolgte knapp fünf Monate nach dem Sturz der Assad-Regierung im Dezember. Die USA hatten zuvor Bedingungen gestellt, darunter Garantien für Minderheitenschutz und Rechtsstaatlichkeit. Doch Berichte aus Syrien zeigen ein anderes Bild: In den vergangenen Wochen kam es laut Menschenrechtsorganisationen zu Übergriffen auf Angehörige der Alawiten und Drusen – Minderheiten, die mit dem früheren Assad-Regime verbunden waren. Dutzende Menschen wurden getötet.
Dennoch scheint Trump mit seinem außenpolitischen Kurs einen Bruch mit bisherigen US-Doktrinen zu vollziehen. Die unmittelbare geopolitische Signalwirkung dieser Entscheidung – insbesondere gegenüber dem Iran und Russland – ist unübersehbar. Doch die Menschenrechtslage bleibt fragil. Und die Frage, ob das „moderne Syrien“ auf einem Fundament der Gerechtigkeit oder der Gewalt entstehen wird, bleibt offen.
OZD
OZD-Kommentar
Donald Trump feiert sich, Syrien jubelt, doch die Welt sollte
innehalten. Die Aufhebung der Sanktionen mag kurzfristig wirtschaftliche
Impulse bringen, doch sie ist vor allem ein Blankoscheck – für eine
Regierung, die bereits wenige Monate nach Amtsantritt mit Übergriffen
auf Minderheiten in die Schlagzeilen gerät. Wer ernsthaft von einem
„neuen Syrien“ sprechen will, muss den Schutz von Menschen garantieren,
nicht Machtkalkül bedienen. Trumps Treffen mit al-Scharaa war kein
Friedensgipfel, sondern eine diplomatische PR-Show – glänzend
inszeniert, aber moralisch fragwürdig. Die Alawiten und Drusen, die nun
wieder um ihr Leben fürchten, werden von dieser neuen „Stabilität“ wenig
spüren. Die internationale Gemeinschaft darf diesen Kurs nicht
kritiklos abnicken.
OZD-Analyse
1. Trumps Entscheidung und geopolitische Bedeutung
a) Aufhebung der Sanktionen:
– Erstes Mal seit 2011, dass Washington Maßnahmen gegen Damaskus zurücknimmt.
– Symbolische und wirtschaftliche Öffnung gegenüber dem neuen Regime.
b) Persönliches Treffen in Riad:
– Historisch bedeutend – erstes US-syrisches Gipfeltreffen seit 25 Jahren.
– Rolle Saudi-Arabiens als Vermittler unterstreicht den regionalen Einfluss.
2. Reaktionen in Syrien und international
a) Euphorie in Syrien:
– Menschen feiern in Damaskus, Aleppo, Homs.
– Staatsmedien sprechen von „neuem Zeitalter“.
b) Internationale Skepsis:
– Menschenrechtsgruppen schlagen Alarm wegen Gewalt an Minderheiten.
– EU und UN mahnen zur Zurückhaltung und unabhängiger Beobachtung.
3. Lage der Minderheiten und offene Fragen
a) Angriffe auf Alawiten und Drusen:
– Laut NGOs mehrere dokumentierte Übergriffe durch regimenahe Milizen.
– Gefährdung der religiösen Vielfalt Syriens.
b) Legitimität des Übergangsregimes:
– Al-Scharaa wurde nach dem Assad-Sturz von einem Exilbündnis eingesetzt.
– Demokratische Wahlen angekündigt – bislang ohne Termin oder Garantien.
Wer ist Ahmed al-Scharaa?
Ahmed al-Scharaa ist
ein ehemaliger syrischer Jurist und war ein prominenter Kopf der
säkularen Opposition. Nach dem Sturz des Assad-Regimes wurde er im
Dezember 2024 vom Nationalen Übergangsrat zum Interimspräsidenten
bestimmt. Internationale Beobachter sehen ihn als moderaten Technokraten
– Kritiker bemängeln seine Nähe zu alten Machteliten.
Was bedeuten die aufgehobenen Sanktionen für Syrien?
Kurzfristig wirtschaftliche Entlastung – langfristig abhängig von
innenpolitischer Entwicklung. Viele US-Investoren bleiben noch
abwartend. Humanitäre Organisationen hoffen auf Erleichterung bei
Hilfslieferungen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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