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Rückkehr der Trump-Narrative: Neuer Kongress-Ausschuss untersucht den 6. Januar erneut

Die Republikaner haben im Repräsentantenhaus einen neuen Ausschuss zum Sturm auf das Kapitol eingesetzt. Kritiker sehen darin den Versuch von Donald Trump, die Ereignisse vom 6. Januar 2021 umzudeuten.

Fast vier Jahre nach dem Sturm auf das US-Kapitol wird das Drama um den 6. Januar 2021 erneut politisch aufgerollt. Die Republikaner im Repräsentantenhaus setzten am Mittwoch einen neuen Untersuchungsausschuss ein, offiziell um „offene Fragen“ zu klären. Der Schritt kommt zu einer Zeit, in der Präsident Donald Trump, seit Januar wieder im Amt, immer offener an einer Umdeutung der damaligen Ereignisse arbeitet.

Der bisherige Untersuchungsausschuss der Demokraten hatte Trump eine direkte Verantwortung für die Gewalt gegeben. Seine Falschbehauptung, die Wahl 2020 sei ihm durch Betrug „gestohlen“ worden, hatte Tausende Anhänger mobilisiert. Rund 140 Polizisten wurden verletzt, Abgeordnete mussten sich in Sicherheit bringen. Büros im Kapitol wurden verwüstet – Bilder, die um die Welt gingen.

Trump hat seit seinem politischen Comeback einen gänzlich anderen Ton angeschlagen. Kurz nach seiner Vereidigung begnadigte er mehr als 1500 Angreifer und nannte den 6. Januar mehrfach einen „Tag der Liebe“. Zudem behauptet er weiterhin, die Wahl 2020 gewonnen zu haben.

Der neue Unterausschuss umfasst acht Mitglieder, darunter drei Demokraten. Den Vorsitz übernimmt der Trump-nahe Republikaner Barry Loudermilk aus Georgia. Bis Dezember 2026 soll ein Abschlussbericht vorgelegt werden. Politico sprach von einem „Versuch, Geschichte umzuschreiben“.

Nach der Kapitol-Erstürmung war gegen Trump ein Amtsenthebungsverfahren wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ eingeleitet worden, das im Senat jedoch scheiterte. 2022 empfahl ein demokratisch geführter Ausschuss seine strafrechtliche Verfolgung. Sonderermittler Jack Smith klagte Trump schließlich an, stellte das Verfahren jedoch nach Trumps Wahlsieg 2024 ein – mit der Begründung, gegen amtierende Präsidenten werde nicht ermittelt. In seinem Bericht erklärte Smith, allein dieser Wahlsieg habe Trump vor einer Verurteilung bewahrt.

OZD


OZD-Kommentar

Der neue Ausschuss ist ein politisches Manöver – und ein gefährliches dazu. Donald Trump nutzt die republikanische Mehrheit, um seine eigene Rolle im dunkelsten Kapitel der jüngeren US-Demokratie zu verwischen. Was 2021 als Angriff auf die Institutionen des Landes galt, soll nun durch Relativierungen und propagandistische Berichte in ein anderes Licht gerückt werden. Damit steht nicht nur die historische Wahrheit auf dem Spiel, sondern auch die Glaubwürdigkeit der US-Demokratie. Wenn Täter plötzlich als Opfer dargestellt werden, droht ein massiver Vertrauensverlust in die Institutionen. Die Frage ist nicht mehr, ob Trump Geschichte umschreibt – sondern wie weit er dabei kommt.


Lesermeinungen

"Das ist keine Untersuchung, das ist ein Versuch der Reinwaschung." – Peter Lending, Hamburg
"Wenn Trump die Macht hat, die Geschichte umzuschreiben, ist die Demokratie ernsthaft bedroht." – Claudia Wille, Berlin
"Man kann nur hoffen, dass die Demokraten im Ausschuss dagegenhalten und die Wahrheit verteidigen." – Thomas Rogensburg, München


OZD-Lernen

Was ist der Sturm auf das US-Kapitol?
Am 6. Januar 2021 stürmten Tausende Anhänger von Donald Trump das US-Kapitol in Washington. Hintergrund war Trumps Falschbehauptung, die Wahl 2020 sei ihm durch Betrug gestohlen worden. Ziel war, die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern. Es kam zu Gewalt, Verletzten und erheblichen Zerstörungen.

Wer ist Barry Loudermilk?
Barry Loudermilk ist ein republikanischer Abgeordneter aus Georgia und enger Trump-Unterstützer. Er wurde zum Vorsitzenden des neuen Kapitol-Ausschusses bestimmt und gilt als Hardliner, der Trumps Version der Ereignisse stützt.

Was ist ein Narrativ?

Ein Narrativ ist eine sinnstiftende Erzählung, die eine bestimmte Sichtweise, ein Weltbild oder Werte vermittelt und beeinflusst, wie Menschen Ereignisse oder Zusammenhänge wahrnehmen. Narrative gehen über bloße Geschichten hinaus, weil sie als übergeordnete Deutungsmuster funktionieren, Meinungen prägen, Gefühle ansprechen und Orientierung bieten.

Typische Narrative finden sich zum Beispiel in der Politik („Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ oder „Vom Tellerwäscher zum Millionär“), in Unternehmen (Leitbilder) oder in gesellschaftlichen Diskussionen. Sie dienen dazu, komplexe Zusammenhänge verständlich und emotional erfahrbar zu machen, indem zentrale Elemente wie eine Hauptfigur, ein Ziel, Hürden und Wandlungen eingebettet werden. Narrative können ganze Gruppen oder Kulturen beeinflussen und helfen, eine gemeinsame Identität zu stiften.

Ein Narrativ funktioniert dadurch, dass reale Ereignisse, Erfahrungen oder Fakten in eine strukturierte, oft emotional berührende Form „verpackt“ werden. So werden Werte, Normen und Perspektiven transportiert, die das Verhalten und die Einstellungen vieler Menschen


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.