Die Grünen im Bundestag treiben die Diskussion um ein AfD-Verbotsverfahren voran. In einem Brief fordern die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge Union, SPD und Linke zu einem Schulterschluss auf. Ziel: die Einleitung eines Verbotsverfahrens „verantwortungsvoll prüfen und gegebenenfalls zeitnah auf den Weg bringen“.
Adressaten des Schreibens sind Unionsfraktionschef Jens Spahn, SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sowie die Linken-Doppelspitze Heidi Reichinnek und Sören Pellmann. Ein Treffen soll bereits in der kommenden Sitzungswoche stattfinden. „Die Angelegenheit drängt: Es geht um die Verteidigung unserer Demokratie“, heißt es in dem Brief.
Die AfD selbst ist von den Gesprächen selbstverständlich ausgeschlossen – das Signal der Grünen ist deutlich: Parteiverbot nicht als Symbolpolitik, sondern als ernsthafte Option.
Kommentar
Der Ruf nach einem AfD-Verbot klingt nach dem großen Befreiungsschlag – doch er ist brandgefährlich. Ein Parteiverbot ist kein politischer Zaubertrick, sondern ein höchstrichterliches Verfahren mit enormen Risiken. Schon zweimal ist Deutschland mit Parteiverbotsverfahren krachend gescheitert – und jedes Scheitern stärkt die Partei, die man eigentlich schwächen will.
Die Grünen setzen auf das Pathos der „Verteidigung der Demokratie“. Klingt gut, wirkt aber wie eine Flucht vor der eigentlichen Aufgabe: den politischen Streit auszuhalten. Wer die AfD verbieten will, riskiert, Millionen Wählerinnen und Wählern das Gefühl zu geben, ihre Stimme solle delegitimiert werden. Genau daraus speist die AfD ihre Opfererzählung.
Statt juristischer Schnellschüsse bräuchte es politischen Mut: harte inhaltliche Auseinandersetzung, klare Kante im Parlament, konsequente Aufdeckung extremistischer Netzwerke. Ein Parteiverbot kann immer nur das letzte Mittel sein. Wer es als politische Waffe inszeniert, spielt mit dem Feuer – und womöglich in die Hände derer, die man bekämpfen will.
Lesermeinungen
„Verbieten bringt nichts – dann wählen die Leute eben was anderes Radikales.“ Adrian Melcher, Augsburg
„Endlich geht mal jemand ernsthaft gegen die AfD vor, weiter so!“ Paul Schreiber, Rommerskirchen
„Die Grünen sollten lieber Politik machen, statt auf den roten Knopf zu drücken.“ Lisela Wilmer, Paderborn
OZD-Analyse/ OZD-Lernen
Der Vorstoß der Grünen
a) Brief von Britta Haßelmann und Katharina Dröge an Union, SPD und Linke.
b) Ziel: gemeinsames Vorgehen für ein mögliches AfD-Verbotsverfahren.
c) Termin: erste Sitzungswoche nach Sommerpause, also kommende Woche.
Die Beteiligten
a) Union: Jens Spahn (CSU, Fraktionschef).
b) SPD: Matthias Miersch (Fraktionschef).
c) Linke: Heidi Reichinnek und Sören Pellmann.
d) Ausgeschlossen: AfD.
Hintergrund Parteiverbot
a) Parteiverbotsverfahren liegen beim Bundesverfassungsgericht.
b) Bisherige Verfahren: 1952 (SRP-Verbot erfolgreich), 2003 (NPD-Verbot gescheitert), 2017 (NPD-Verbot wegen politischer Bedeutungslosigkeit abgelehnt).
c) Politisches Risiko: Scheitert ein Verfahren, stärkt es die betroffene Partei.
Politische Bedeutung
a) Signal: breite Allianz gegen Rechtsextremismus.
b) Gefahr: AfD könnte sich als Opfer inszenieren.
c) Strategische Frage: Juristischer Weg oder politische Auseinandersetzung?
Erklärungen
AfD (Alternative für Deutschland): Rechtspopulistische Partei, gegründet 2013, in Teilen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
Parteiverbotsverfahren: Verfassungsrechtliches Verfahren, in Deutschland nur durch das Bundesverfassungsgericht möglich, Ziel: Auflösung einer Partei, die verfassungsfeindlich agiert.
Bundesverfassungsgericht: Höchstes deutsches Gericht, entscheidet über Parteiverbote.
Verfassungsschutz: Deutsche Behörde zur Beobachtung extremistischer Bestrebungen.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr
Titelbild: AFP