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Bundestag wählt drei neue Verfassungsrichter – Karlsruhe wieder komplett

Der Bundestag hat drei neue Richter:innen für das Bundesverfassungsgericht gewählt. Nach der Blockade vor der Sommerpause ist Karlsruhe wieder voll besetzt – doch die Kritik an möglichen AfD-Stimmen für den Unionskandidaten trübt das Bild.

Im zweiten Anlauf ist die Wahl gelungen: Mit Zweidrittelmehrheiten bestätigten die Abgeordneten am Donnerstag Ann-Katrin Kaufhold, Sigrid Emmenegger (beide SPD) sowie Günter Spinner (Union) als neue Richter:innen am Bundesverfassungsgericht. Damit sind alle Stellen am höchsten deutschen Gericht wieder besetzt.

Für Kaufhold votierten 440 Abgeordnete, für Emmenegger 446. Spinner erhielt 424 Stimmen. Nötig waren jeweils Zweidrittelmehrheiten der 613 abgegebenen Stimmen.

Nach dem gescheiterten Versuch im Juli, als die Union die damalige SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf blockierte, sprach SPD-Fraktionschef Matthias Miersch nun von einem „wichtigen Tag für die Demokratie“. Auch Unions-Fraktionschef Jens Spahn lobte die Wahl als Beweis für die Handlungsfähigkeit der Koalition.

Grüne und Linke unterstützten die SPD-Kandidatinnen, die AfD kündigte dagegen Unterstützung für den Unions-Kandidaten Spinner an. Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warf der Union „Heuchelei“ vor: Man habe sich geweigert, mit der Linken Mehrheiten zu suchen, und in Kauf genommen, Stimmen der AfD zu akzeptieren.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) sprach von einem „wichtigen Schritt für Stabilität und Funktionsfähigkeit unserer Verfassungsorgane“. Auch der Deutsche Richterbund zeigte sich erleichtert, dass Karlsruhe wieder vollständig besetzt ist.

OZD / ©dpa

OZD-Kommentar

Ein Kraftakt mit Beigeschmack: Ja, die Blockade ist überwunden, Karlsruhe wieder komplett – das ist gut für die Demokratie. Aber die Umstände der Wahl offenbaren einmal mehr, wie brüchig die Konsenskultur im Parlament geworden ist. Wenn die Union ihren Kandidaten notfalls auch mit AfD-Stimmen durchbekommen will, gefährdet das das Vertrauen in die parteiübergreifende Verantwortung bei der Richterwahl. Das Bundesverfassungsgericht darf nicht in parteitaktischen Schachzügen zerrieben werden – es ist Hüter der Verfassung, nicht Spielfigur.

Lesermeinungen

„Gut, dass Karlsruhe wieder arbeitsfähig ist – aber die AfD-Frage muss geklärt werden.“ – Anna B., Leipzig
„Das Hickhack hat der Würde des Verfassungsgerichts geschadet. So etwas darf sich nicht wiederholen.“ – Thomas K., Düsseldorf

OZD-Analyse

Die Wahl im Überblick
a) Kaufhold, Emmenegger, Spinner mit Zweidrittelmehrheiten gewählt.
b) Nach gescheiterter Abstimmung im Juli nun Erfolg.
c) Karlsruhe wieder voll besetzt.

Politische Dynamik
a) SPD, Grüne, Linke stützten gemeinsame Kandidaten.
b) Union setzte auf Spinner, AfD signalisierte Zustimmung.
c) Linke kritisiert Union wegen möglicher AfD-Hilfe.

Bedeutung
a) Gericht wieder voll arbeitsfähig.
b) Signal parteiübergreifender Handlungsfähigkeit – mit Einschränkungen.
c) Debatte über „staatspolitische Verantwortung“ bleibt virulent.

OZD-Erklärung

Wie werden Verfassungsrichter gewählt?
Die 16 Richter:innen des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich – sie zwingt die großen Fraktionen zur Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr. 

Titelbild: dpa.