AfD-Parteichefin Alice Weidel hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in der Generaldebatte im Bundestag mangelnden Reformwillen und einen Wortbruch gegenüber den Wählerinnen und Wählern vorgeworfen. „Das Ergebnis der Reformverweigerung und der CDU-Umfallerei in Serie ist ein zusammengeschusterter, verantwortungsloser Haushalt ohne Maß und Ziel, der kein einziges Problem löst“, erklärte Weidel am Mittwoch.
Der von Merz angekündigte „Herbst der Reformen“ werde in Wahrheit „ein Herbst der leeren Worte und ein Winter der noch höheren Ausgaben“, so die AfD-Chefin. Sie warf Merz vor, „jedes Wahlversprechen gebrochen“ zu haben – von der Einhaltung der Schuldenbremse über die Senkung der Stromsteuer bis zur Rückkehr zur Atomkraft. Auch die Reform des Bürgergelds und die Abschaffung des Verbrennerverbots seien aufgegeben worden. „Das nächste Umfallen deutet sich bei der Erbschaftssteuer an“, warnte Weidel.
Darüber hinaus attackierte sie die Migrationspolitik der Regierung scharf. „Der politisch gewollte Kontrollverlust geht einfach weiter und mit ihm die Politik des Schönredens und Leugnens“, sagte sie. Eine „echte Migrationswende“ brauche ein Gesamtkonzept mit vollständig geschlossenen Grenzen. Zudem forderte Weidel, Sozialleistungen an Mindesteinzahlungszeiten zu knüpfen. „Niemand hat ein Recht auf Sozialleistung, wenn er noch nie in unsere Sozialsysteme eingezahlt hat.“ Bürgergeldzahlungen an ukrainische Geflüchtete müssten ihrer Ansicht nach gestrichen werden.
OZD
OZD-Kommentar
Weidels Generalabrechnung mit Merz ist nicht nur ein Angriff auf die
CDU, sondern auch ein Signal an die eigene Anhängerschaft. Doch während
sie von „Umfallerei“ spricht, bleibt die AfD selbst bei der Frage nach
realistischen Alternativen schwammig. Komplett geschlossene Grenzen und
gestrichene Sozialleistungen für Millionen Menschen sind in der Realität
kaum umsetzbar. Weidel nutzt die Unzufriedenheit über Merz’ zögerliche
Reformpolitik geschickt aus – doch die eigene Lösung ist populistisch,
nicht praktikabel. Der Vorwurf, Merz’ „Herbst der Reformen“ sei nur
heiße Luft, trifft einen wunden Punkt. Die CDU muss nun zeigen, ob sie
Antworten hat oder der AfD das Feld überlässt.
OZD-Analyse
Haushaltskritik
– Weidel bezeichnet den Etat als „verantwortungslos“.
– Kernvorwurf: Merz habe zentrale Wahlversprechen gebrochen.
– Erwartung: CDU könnte bei Steuer- und Finanzfragen weiter unter Druck geraten.
Migrationspolitik
– AfD fordert geschlossene Grenzen und harte Einschnitte bei Sozialleistungen.
– Bürgergeld für Geflüchtete, besonders aus der Ukraine, im Fokus.
– Ziel: Mobilisierung durch das Thema Migration als Kernthema.
Politische Wirkung
– Weidels Rede schärft das Profil der AfD als Hauptopposition.
– Merz steht im Bundestag zwischen Koalitionsdruck und AfD-Angriffen.
– Gefahr: CDU wirkt zögerlich, während die AfD klare (wenn auch unrealistische) Forderungen stellt.
Mini-Infobox: Weidels Kernforderungen
Strikte Einhaltung der Schuldenbremse
Rückkehr zur Atomkraft
Streichung des Bürgergelds für Ukrainer
Schließung aller Grenzen
Bindung von Sozialleistungen an Einzahlungszeiten
Wer ist Alice Weidel?
Alice Weidel ist seit 2022 eine der beiden Vorsitzenden der AfD und
führt auch die Bundestagsfraktion. Die frühere Unternehmensberaterin mit
Stationen in China und der Schweiz gilt als wirtschaftsliberal, tritt
aber innenpolitisch mit einer harten Linie in der Migrations- und
Gesellschaftspolitik auf. Weidel lebt mit ihrer Partnerin in der Schweiz
und ist eine der prominentesten Gesichter der AfD.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.