US-Präsident Donald Trump hat in einem Interview mit „Politico“ seine schärfste Breitseite gegen Europa seit seinem Amtsantritt abgefeuert. Migration, Demokratie, Ukraine – kaum ein Thema blieb von seinen Vorwürfen verschont. Europa sei „schwach“, „im Verfall“, die Einwanderungspolitik eine „Katastrophe“. Die EU solle Massenabschiebungen durchführen und sich politisch nach seinem Vorbild ausrichten. Während aus Berlin scharfer Widerspruch kam, applaudierte die AfD dem US-Präsidenten.
„Europa macht in vielerlei Hinsicht keinen guten Job“, sagte Trump in dem Interview. Politische Korrektheit lasse die Staaten erodieren, besonders Länder wie Deutschland oder Schweden, die unter steigenden Kriminalitätsraten litten. Die Antwort aus seiner Sicht: „Sie sollten die Leute rauswerfen, die illegal ins Land gekommen sind.“
Trump knüpfte damit direkt an seine neue US-Sicherheitsstrategie an, die am Freitag veröffentlicht worden war. Darin ist von einer drohenden „zivilisatorischen Auslöschung“ Europas durch Migration die Rede sowie von angeblicher Unterdrückung politischer Opposition. Der US-Präsident stellte in dem Gespräch klar, er werde alle Kräfte in Europa unterstützen, die seiner Linie folgen. Als positive Beispiele nannte er Ungarns Regierungschef Viktor Orban und Polens Präsident Karol Nawrocki, die er zuletzt im Weißen Haus empfangen hatte.
Ebenso hart attackierte Trump die Ukraine. Präsident Wolodymyr Selenskyj „rede zu viel, erreiche aber nichts“. Er solle Trumps Plan für einen Waffenstillstand endlich akzeptieren, da er den Krieg verliere. Zudem forderte Trump Neuwahlen in der Ukraine – obwohl diese während des Krieges laut Verfassung nicht möglich sind. Erst am Montag hatte Selenskyj sich in London mit Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premier Keir Starmer zu Gesprächen über den US-Plan getroffen. Die Europäer kritisieren, der Vorschlag orientiere sich zu stark an russischen Positionen.
In Deutschland stießen Trumps Aussagen weitgehend auf Ablehnung. CDU-Außenpolitiker Roland Theis warf dem US-Präsidenten Respektlosigkeit gegenüber Verbündeten vor. SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetovic sprach in der „Welt“ von einer politischen Strategie, mit der Trump Europa schwächen und autoritäre Kräfte stärken wolle. Grünen-Co-Chefin Franziska Brantner warf Trump vor, gezielt an Europas Spaltung zu arbeiten. Die AfD feierte hingegen die Äußerungen und sprach von einer notwendigen „Kurskorrektur“.
Das Interview erschien anlässlich
der jährlichen „Politico“-Liste der einflussreichsten Persönlichkeiten
Europas, in der Trump als „mächtigste Person in Europa“ geführt wird.
Bundeskanzler Merz landete auf Platz drei, Putin auf Platz fünf,
Selenskyj auf Rang 14.
OZD
Donald Trump zündelt – und diesmal lodert das Feuer direkt an den Grundfesten Europas. Seine Worte gegen die EU, gegen Migranten, gegen die Ukraine sind keine zufälligen Provokationen. Sie sind Teil einer Strategie, die Grenzen verschiebt, Demokratien destabilisiert und autoritäre Bewegungen stärkt. Trump redet nicht wie ein Verbündeter, sondern wie ein Mann, der Europa als geopolitischen Rivalen betrachtet und politisch zurechtstutzen will.
Die Dreistigkeit, mit der er europäische Regierungen zu Massenabschiebungen drängt, ist einmalig. Ebenso die Selbstverständlichkeit, mit der er die Ukraine unter Druck setzt und seine eigene Agenda als Friedensplan verkauft. Trump agiert wie ein Präsident, der nicht nur seinen Kontinent verändern will – sondern einen ganzen Erdteil.
Die größte Gefahr entsteht jedoch dort, wo seine Botschaften am fruchtbarsten Boden finden: bei jenen Kräften, die Europas demokratische Ordnung infrage stellen. Wer heute applaudiert, wird morgen versuchen, politische Realitäten umzuschreiben. Europa steht vor der härtesten Bewährungsprobe seit Jahren. Die Frage ist: Erkennt es rechtzeitig, dass die größte Bedrohung nicht nur von außen kommt, sondern von innen verstärkt wird?
Mini-InfoboxTrump nennt Europa „schwach“ und „im Verfall“
Forderung: Massenabschiebungen und politische Neuausrichtung
Scharfe Kritik an der Ukraine und deren Regierung
Deutsche Regierungspolitiker weisen Vorwürfe zurück
AfD unterstützt Trumps Aussagen

1. Bedeutung von Trumps Aussagen für das transatlantische Verhältnis
– a) klare Abkehr traditioneller Partnerschaft –
– b) gezielte Unterstützung europäischer Rechtsparteien –
– c) potenzielle Schwächung gemeinsamer NATO-Positionen –
2. Auswirkungen auf die europäische Sicherheitspolitik
– a) wachsende Zweifel an US-Verlässlichkeit –
– b) Druck auf EU-Staaten, eigene Verteidigungsstrukturen auszubauen –
– c) Gefahr politischer Instabilität bei weiterer Polarisierung –
3. Risiko für die Ukraine-Strategie des Westens
– a) Trumps Plan stärkt russische Forderungen –
– b) mögliche Spaltung zwischen EU und USA –
– c) drohende Schwächung der ukrainischen Verhandlungsposition –

Viktor Orban ist seit 2010
ungarischer Ministerpräsident und prägt sein Land mit einem zunehmend
autoritären Regierungskurs. Kritiker werfen ihm Einschränkungen der
Pressefreiheit, der Justiz und der Opposition vor.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
Kurios:
Trump wurde von „Politico“ zur „mächtigsten Person in Europa“ erklärt –
obwohl er weder Europäer ist noch europäische Politik verantwortet. Die
Wahl selbst ist damit bereits ein politisches Statement.