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Historischer Bruch: Immer mehr Staaten erkennen Palästinenserstaat an – Israel reagiert mit Härte

Vor der UN-Generaldebatte wächst der Druck auf Israel: Immer mehr Länder erkennen Palästina als Staat an, während Netanjahu eine Annexion des Westjordanlands androht.

Die Bühne für eine diplomatische Zerreißprobe ist bereitet: Kurz vor Beginn der UN-Generaldebatte in New York wollen mehrere Länder offiziell die Anerkennung eines palästinensischen Staats verkünden. Frankreich, Belgien, Malta, Luxemburg und andere europäische Staaten schließen sich an diesem Montag dem Kurs an, den Großbritannien, Kanada, Australien und Portugal bereits am Sonntag eingeschlagen haben. Israel reagiert wütend – und droht mit einem noch massiveren Siedlungsbau im besetzten Westjordanland.

„Die Palästinenserinnen und Palästinenser wollen eine Nation, sie wollen einen Staat, und wir sollten sie nicht in Richtung der Hamas drängen“, mahnte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Interview mit CBS News. Zugleich stellte er klar, dass die Freilassung der israelischen Geiseln aus Gaza eine Vorbedingung für weitere Schritte sei – etwa für die Eröffnung einer palästinensischen Botschaft.

Das Gipfeltreffen, von Frankreich und Saudi-Arabien initiiert, soll dem stockenden Nahost-Friedensprozess neuen Schwung geben. Es findet inmitten eines erbittert geführten Gaza-Kriegs statt, in dem die israelische Armee mit zunehmender Härte vorgeht und die humanitäre Lage täglich dramatischer wird. Nach Angaben der Hamas-Behörden wurden seit Beginn des Krieges mehr als 65.000 Menschen getötet.

Für Israel ist die Anerkennung ein Affront. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte: „Kein Palästinenserstaat wird westlich des Jordans errichtet werden.“ Ein solcher Staat sei für Israel „existenzgefährdend“ und „absurd“. Zwei rechtsextreme Minister seiner Regierung forderten offen die Annexion des Westjordanlands.

Währenddessen bemühen sich westliche Staaten um Differenzierung. Die USA sprechen von Symbolpolitik: „Unsere Priorität liegt auf ernsthafter Diplomatie, nicht auf performativen Gesten“, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums. Deutschland hält an seiner Linie fest: Eine Anerkennung könne erst am Ende eines „verhandelten Prozesses“ stehen. Außenminister Johann Wadephul forderte zugleich einen sofortigen Waffenstillstand, mehr Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza und die Freilassung der Geiseln.

Ein Zeichen der Isolation Israels wird dennoch sichtbar: Mit Frankreichs Schritt hätten alle ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats mit Ausnahme der USA Palästina anerkannt. Nach AFP-Zählung erkennen bereits 144 der 193 UN-Mitgliedsstaaten Palästina als Staat an. UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor Einschüchterungsversuchen: „Wir sollten uns nicht durch die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen einschüchtern lassen.“

Das Pulverfass Nahost bestimmt damit die 80. Generalversammlung der Vereinten Nationen – in ihrem Jubiläumsjahr. Rund 140 Staats- und Regierungschefs reisen an. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, dem die USA die Einreise verweigerten, wird per Videobotschaft sprechen. Netanjahu hingegen reist mit harter Rhetorik im Gepäck an.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar

Die Anerkennung Palästinas durch immer mehr Staaten verändert das Spiel – und setzt Israel zunehmend unter Druck. Netanjahus Antwort: Drohungen, Siedlungsbau, Annexion. Doch je stärker er blockiert, desto mehr verliert Israel die Sympathie der Welt. Symbolpolitik, sagen die USA. Doch Symbole sind Macht. Prognose: Die USA werden immer stärker isoliert, wenn sie am Veto gegen Palästina festhalten. Am Ende wird die Realität Israel zwingen – nicht die Diplomatie.

Lesermeinungen

„Es ist höchste Zeit, dass Palästina international anerkannt wird. Israel kann nicht ewig blockieren.“ – Martin Keller, München

„Ich habe Angst, dass diese Schritte nur noch mehr Gewalt provozieren.“ – Sabine Vogt, Köln

„Die USA wirken immer mehr wie ein Bremser im Friedensprozess.“ – Thomas Reuter, Leipzig

OZD-Analyse

Anerkennung Palästinas gewinnt Dynamik
a) Bereits 144 von 193 UN-Mitgliedern haben anerkannt
b) Frankreich, Belgien, Luxemburg, Malta u.a. folgen am Montag
c) Großbritannien und Kanada als erste G7-Staaten

Reaktionen und Brüche
a) Israel lehnt entschieden ab, droht mit Annexion
b) USA sprechen von „Symbolpolitik“
c) Deutschland bleibt beim Prinzip „erst am Ende des Prozesses“

Konsequenzen für die Weltpolitik
a) Israel international zunehmend isoliert
b) USA riskieren Verlust an Glaubwürdigkeit
c) Neue Allianzen formen sich – arabische Staaten, EU-Länder, China und Russland

OZD-Erklärungen

Wer ist Emmanuel Macron?
Macron ist seit 2017 Präsident Frankreichs. Er positioniert sich außenpolitisch als europäischer Vermittler, auch im Nahostkonflikt.

Was ist die Zweistaatenlösung?
Das Konzept sieht einen souveränen Staat Palästina neben Israel vor – mit klaren Grenzen, Sicherheit für beide Seiten und Jerusalem als geteilter Hauptstadt.

Wer ist Benjamin Netanjahu?
Netanjahu ist Israels dienstältester Ministerpräsident. Er führt eine rechts-religiöse Regierung und gilt als Gegner der Zweistaatenlösung.

Was ist die UN-Generalversammlung?
Das höchste Beratungsorgan der Vereinten Nationen mit allen 193 Mitgliedsstaaten. Es trifft keine bindenden Beschlüsse, setzt aber diplomatische Signale.


OZD-Infobox

Fakt Zahl/Angabe 

UN-Mitglieder: insgesamt 193 

Staaten mit Anerkennung: 144+ 

Erste G7-Länder: Großbritannien, Kanada 

Todesopfer Gaza laut Hamas: >65.000 

Getötete Israelis am 7.10.23: >1.200 

Entführte Geiseln: 251


OZD

Alle Angaben ohne Gewähr. 

Titelbild: AFP.