Nach den jüngsten russischen Luftraumverletzungen in Nato-Ländern hat das Verteidigungsbündnis seine Entschlossenheit zum Handeln bekräftigt. Die Nato werde "alle notwendigen militärischen und nichtmilitärischen Mittel" einsetzen, um "alle Bedrohungen aus allen Richtungen abzuwehren", teilte die Allianz am Dienstag nach einem Treffen des Nato-Rats in Brüssel mit.
Mit Blick auf den Drohnen-Vorfall am Kopenhagener Flughafen sagte Ministerpräsident Mark Rutte, es sei "zu früh" zu sagen, ob Moskau hinter den Störungen stecke. Beim Eindringen russischer Militärjets in Estland am vergangenen Freitag habe "keine unmittelbare Gefahr" bestanden, daher sei es nicht notwendig gewesen, die Flugzeuge abzuschießen. Dennoch müsse Moskau mit seinen "eskalierenden" Handlungen aufhören, forderte die Nato.
Die Sitzung des Nato-Rats, des höchsten politischen Entscheidungsgremiums der Allianz, war von Estland unter Artikel 4 des Nordatlantikvertrags beantragt worden. Es ist bereits das zweite Mal innerhalb von zwei Wochen, dass der Nordatlantikrat wegen russischer Luftraumverletzungen zusammenkam.
Der Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa, Alexus Grynkewich, informierte den Rat über den Vorfall und bezeichnete ihn als Teil eines "umfassenderen Musters zunehmend unverantwortlichen Verhaltens Russlands". Die Antwort der Nato werde "robust" bleiben, betonte das Militärbündnis. Die Verbündeten ließen sich "durch diese und andere unverantwortliche Handlungen Russlands nicht von ihrem langjährigen Engagement abbringen, die Ukraine zu unterstützen".
Im Rahmen der Initiative „Eastern Sentry“, die nach dem Eindringen von 19 russischen Drohnen in den polnischen Luftraum vor knapp zwei Wochen ins Leben gerufen wurde, sind unter anderem zusätzliche Kampfjets zum Schutz der Ostflanke unter Nato-Kommando gestellt worden, darunter zwei deutsche Eurofighter. Rutte kündigte zudem an, dass die Nato daran arbeite, neben Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen auch die "neuesten Drohnentechnologien so schnell wie möglich zu implementieren".
Unterdessen rückten aktuelle Vorfälle in Norwegen und Dänemark in den Fokus. Der Flughafen in Kopenhagen musste in der Nacht zum Dienstag wegen mehrerer großer Drohnen gesperrt werden, die stundenlang über das Gelände flogen. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sprach vom "bislang schwersten Angriff auf die kritische Infrastruktur Dänemarks". Auch in Oslo führten Drohnen-Sichtungen zu mehrstündigen Unterbrechungen des Flugverkehrs. Die Regierung warf Moskau vor, in diesem Jahr bereits dreimal norwegischen Luftraum verletzt zu haben.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bezeichnete die Vorfälle im Onlinedienst X als ein "Muster ständiger Konfrontationen" und erklärte, Europa werde "auf diese Bedrohung mit Stärke und Entschlossenheit reagieren".
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OZD-Kommentar
Russlands wiederholte Luftraumverletzungen demonstrieren eine klare Provokationsstrategie – die Nato reagiert konsequent mit einer Mischung aus Abschreckung, Verteidigung und modernster Technik – Drohnen, Kampfjets und koordinierte Ostflanken-Sicherung signalisieren: Eskalation wird nicht toleriert – Prognose: Die Allianz wird ihre Präsenz in Polen, Estland, Litauen und Norwegen weiter verstärken, russische Drohneneinsätze könnten künftig häufiger abgefangen und abgewehrt werden – die Spannungen im Ostseeraum und Nordatlantik dürften zunehmen, politische und militärische Abschreckung bleiben zentrale Instrumente, während diplomatische Kanäle offen gehalten werden.
Lesermeinungen
„Endlich reagiert die Nato entschlossen. Russland muss klare Grenzen gesetzt werden.“ – Jens Huber
„Die Drohnenangriffe zeigen, wie gefährlich die Lage geworden ist. Europa darf nicht tatenlos zusehen.“ – Sabine Koch
„Es ist gut, dass die Allianz jetzt moderne Technologie einsetzt. Sonst könnten Vorfälle schnell eskalieren.“ – Marco Thiel
OZD-Analyse
Ausgangslage
a) Wiederholte Luftraumverletzungen durch Russland über Nato-Staaten (Estland, Polen, Norwegen, Dänemark)
b) Drohnen und Militärjets als Instrument der Provokation
c) Artikel 4 des Nordatlantikvertrags ermöglicht Konsultationen des Nato-Rats bei Bedrohungen
Maßnahmen der Nato
a) Einsatz aller notwendigen militärischen und nichtmilitärischen Mittel
b) Zusätzliche Kampfjets unter Nato-Kommando, Drohnenabwehrtechnologien
c) Initiative „Eastern Sentry“ zur Stärkung der Ostflanke
Politische Dimension
a) EU-Kommission mahnt zu entschlossener Reaktion
b) Botschaft an Russland: Provokationen werden nicht toleriert
c) Risiko weiterer Eskalationen, strategische Abschreckung entscheidend
OZD-Erklärungen
Wer ist Alexus Grynkewich?
Alexus Grynkewich ist Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa und verantwortet die strategische Planung und Koordination der militärischen Operationen der Allianz auf dem Kontinent.
Was ist Artikel 4 des Nordatlantikvertrags?
Artikel 4 erlaubt es Mitgliedstaaten, Konsultationen im Nato-Rat einzufordern, wenn sie sich durch einen Angriff oder eine Bedrohung ihrer Sicherheit betroffen sehen. Es handelt sich um eine politische, nicht automatisch militärische Maßnahme.
Was ist die Initiative „Eastern Sentry“?
„Eastern Sentry“ ist ein Nato-Programm zur Verstärkung der Verteidigungsbereitschaft entlang der Ostflanke, insbesondere in Reaktion auf russische Provokationen und Luftraumverletzungen.
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Titelbild: AFP.