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Hitze, Trockenheit, steigende Meere – Forscher schlagen Alarm beim Extremwetterkongress

Beim Extremwetterkongress in Hamburg warnen Experten vor einer dramatischen Zunahme von Hitzewellen, Trockenheit und steigenden Meeresspiegeln. Besonders Städte, Gletscher und Küsten sind massiv bedroht.

Die Botschaften aus Hamburg sind unmissverständlich – und alarmierend. „Wir beobachten eine beispiellose Häufung von Wärmerekordjahren mit Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt“, sagte Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied des Deutschen Wetterdienstes, am Mittwoch zur Eröffnung des Extremwetterkongresses.

Seit 1960 war jede Dekade in Deutschland wärmer als die vorherige. Im Schnitt steigt die Temperatur seit 1881 um 0,13 Grad Celsius pro Jahrzehnt. Seit 1971 hat sich diese Rate mehr als verdreifacht – auf 0,41 Grad pro Dekade. Und während Politik und Wirtschaft über Klimaziele streiten, steigen die Treibhausgaskonzentrationen schneller denn je.

Die Folgen sind sichtbar und zerstörerisch. In den Alpen herrschte im Winter 2024/2025 ein extremer Mangel an Schnee. „Das Alpenklima war im Winterhalbjahr 2024/2025 in den Zentral- und Ostalpen ausgesprochen niederschlags- und schneearm“, erklärte Gudrun Mühlbacher, Leiterin des Regionalen Klimabüros des Deutschen Wetterdienstes in München. Die Zahl der Schneedeckentage lag um bis zu 40 Prozent niedriger als üblich, die Temperaturen oberhalb von 1000 Metern um bis zu zwei Grad höher. „Für die Gletscher im Alpenraum sind das schlechte Bedingungen, die die Schmelze beschleunigen“, warnte sie.

Auch die Meere verändern sich rasant. „Die Nordsee war im Frühjahr und Sommer 2025 so warm wie nie seit Beginn der Messungen“, sagte Helge Heegewaldt, Präsident des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie. In der Ostsee bei Kiel hielt eine marine Hitzewelle 55 Tage lang an – die Temperaturen lagen vier Grad über dem langjährigen Mittel. „Das ist ein klares Zeichen des Klimawandels“, betonte Heegewaldt. Schon jetzt sei der Meeresspiegel in Cuxhaven seit 1900 um mehr als 25 Zentimeter gestiegen. Bis 2100 droht ein Anstieg von bis zu 1,1 Metern, bis 2150 sogar bis zu 1,9 Metern – wenn die Emissionen nicht drastisch reduziert werden.

Das Bild ist erschreckend: brütend heiße Städte, schmelzende Gletscher, kochende Meere und steigende Flutgefahr. Der Extremwetterkongress, inzwischen zum 15. Mal veranstaltet, will Brücken schlagen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Doch die Experten sind sich einig: Die Zeit des Redens läuft ab.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar

Die Fakten sind erdrückend. Jedes Jahrzehnt wärmer als das vorige, Gletscher auf dem Rückzug, Meere auf Rekordtemperatur. Und doch wirken die politischen Antworten hilflos, halbherzig, verschleppt. Es ist, als säße die Menschheit in einem brennenden Haus – und debattierte noch über die Farbe der Feuerwehrschläuche.

Prognose: Ohne sofortige, radikale Wende werden wir –
– in Städten Hitzesommer erleben, die tausende Menschen das Leben kosten
– Küstenregionen verlieren, weil der steigende Meeresspiegel Land verschlingt
– und in einer Zukunft landen, in der Extremwetter nicht Ausnahme, sondern Normalität ist.

Lesermeinungen

„Die Warnungen sind seit Jahren die gleichen, aber niemand handelt wirklich entschlossen.“ – Claudia Bergmann
„Ich wohne in Kiel. 55 Tage marine Hitzewelle – das klingt nach einem Albtraum, nicht nach Wissenschaft.“ – Jan Richter
„Politiker sollten gezwungen werden, an solchen Kongressen teilzunehmen und die Fakten direkt zu hören.“ – Michael Sommer

OZD-Analyse

Temperaturentwicklung in Deutschland
a) Seit 1881: +0,13 Grad pro Jahrzehnt.
b) Seit 1971: +0,41 Grad pro Jahrzehnt – mehr als das Dreifache.
c) Ursache: ungebremster Anstieg von Treibhausgasen.

Folgen für die Alpen
– Deutlich weniger Schneedeckentage (minus 10–40 Prozent).
– Temperaturen im Winter bis zu zwei Grad über dem Mittel.
– Gletscherschmelze beschleunigt sich dramatisch.

Folgen für Nord- und Ostsee
– Nordsee 2025 so warm wie nie zuvor.
– Ostsee-Hitzewelle bei Kiel über 55 Tage, vier Grad über Mittel.
– Meeresspiegel seit 1900 um 25 cm gestiegen, bis 2100 bis zu 1,1 Meter Anstieg möglich.

OZD-Erklärungen

Was ist der Extremwetterkongress?
Der Extremwetterkongress ist eine Fachkonferenz, die seit 2006 alle zwei Jahre in Hamburg stattfindet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Meteorologie, Ozeanografie, Klimaforschung und verwandten Disziplinen präsentieren dort neue Erkenntnisse. Ziel ist, Politik, Medien und Gesellschaft für die Risiken des Klimawandels zu sensibilisieren.

Wer ist Tobias Fuchs?
Tobias Fuchs ist Vorstandsmitglied des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Er verantwortet dort den Bereich Klima und Umweltberatung. Fuchs gilt als einer der profiliertesten deutschen Klimaexperten und war mehrfach an nationalen und internationalen Klimaberichten beteiligt.

Was bedeutet marine Hitzewelle?
Eine marine Hitzewelle bezeichnet eine Periode, in der die Wassertemperaturen eines Meeres oder Ozeans deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegen. Solche Ereignisse können Wochen bis Monate dauern. Folgen sind massive Störungen der marinen Ökosysteme, Artensterben, Sauerstoffmangel und wirtschaftliche Schäden für Fischerei und Tourismus.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr. 

Titelbild: AFP.