Der französische Energieriese TotalEnergies ist im sogenannten Greenwashing-Prozess teilweise schuldig gesprochen worden. Das Pariser Gericht urteilte am Donnerstag, dass der Konzern mit überzogenen Klimaschutzversprechen „irreführende Geschäftspraktiken“ betrieben habe. TotalEnergies habe den Eindruck erweckt, bis 2050 CO₂-Neutralität zu erreichen – obwohl das Unternehmen gleichzeitig seine Öl- und Gasproduktion ausweite.
Die Klage war von Greenpeace Frankreich und zwei weiteren Umweltorganisationen eingereicht worden. Sie warfen TotalEnergies vor, die Öffentlichkeit über seine tatsächliche Umweltbilanz getäuscht zu haben. In Werbekampagnen hatte der Konzern Investitionen in Wind- und Solarenergie hervorgehoben, während fossile Brennstoffe weiterhin den Großteil seines Geschäfts ausmachten.
Das Gericht folgte dem Vorwurf der Irreführung der Verbraucher, lehnte jedoch den Teil der Klage ab, der die Bewerbung von Gas und Biokraftstoffen als „saubere Energie“ betraf. Dennoch bezeichneten die Kläger das Urteil als „Wendepunkt im Kampf gegen Greenwashing“. Erstmals weltweit sei ein großer Öl- und Gaskonzern für irreführende Klimaversprechen rechtlich belangt worden.
TotalEnergies hatte sich 2021 umbenannt und die neue Identität mit einer milliardenschweren Imagekampagne begleitet – verbunden mit dem Motto „Klimaneutral bis 2050 – gemeinsam mit der Gesellschaft“. Nach Ansicht der Kläger handelte es sich um eine gezielte Täuschung: Zwischen den Werbeaussagen und der realen Geschäftspraxis klaffe eine „große Diskrepanz“.
Das Urteil könnte Signalwirkung haben – für andere Energiekonzerne ebenso wie für Banken und Industrien, die sich in Nachhaltigkeitskampagnen als „grün“ darstellen.
OZD-Kommentar:
Das Urteil gegen TotalEnergies ist mehr als ein juristischer Sieg – es
ist ein Meilenstein für die Glaubwürdigkeit im Klimaschutz. Zu lange
konnten Konzerne mit grünen Bildern und wohlklingenden Versprechen ihre
fossile Realität übertünchen. Nun hat erstmals ein Gericht Grenzen
gezogen. Doch der Fall zeigt auch: Greenwashing ist längst ein
systemisches Problem. Solange Konzerne selbst definieren, was
„nachhaltig“ ist, bleibt Transparenz ein Wunschtraum. Der Klimakampf
braucht Ehrlichkeit, keine PR-Strategien. Und dieses Urteil ist der
Anfang einer längst überfälligen Abrechnung.
Mini-Infobox:
Ort: Paris, Frankreich
Kläger: Greenpeace Frankreich, Notre Affaire à Tous, Les Amis de la Terre
Angeklagter: TotalEnergies SE
Urteil: Teilweise schuldig wegen „irreführender Geschäftspraktiken“
Jahr der Kampagne: 2021 (Umbenennung zu TotalEnergies)
OZD-Analyse:
Juristische Bedeutung
– a) Erstes Urteil weltweit gegen einen Ölkonzern wegen Greenwashing.
– b) Möglicher Präzedenzfall für ähnliche Verfahren in Europa und den USA.
– c) Stärkt die Position von NGOs im Kampf gegen irreführende Umweltwerbung.
Wirtschaftliche und politische Folgen
– a) Konzerne müssen künftig Werbekampagnen stärker belegen und rechtfertigen.
– b) Anleger könnten sensibler auf „grüne“ PR reagieren.
– c) Druck auf die EU wächst, verbindliche Regeln gegen Greenwashing einzuführen.
Gesellschaftliche Dimension
– a) Vertrauensverlust in die „grünen“ Versprechen fossiler Unternehmen.
– b) Zunehmendes Bewusstsein der Verbraucher für Greenwashing-Strategien.
– c) Signalwirkung für globale Umweltbewegungen und politische Reformen.
Was ist Greenwashing?
Greenwashing
bezeichnet PR-Strategien von Unternehmen, die durch gezielte Werbung
oder irreführende Kommunikation den Eindruck erwecken, besonders
umweltfreundlich oder nachhaltig zu handeln – während die tatsächliche
Geschäftspraxis dem widerspricht. Ziel ist meist, Konsumenten,
Investoren oder die Politik positiv zu beeinflussen.
Was ist TotalEnergies?
TotalEnergies SE ist einer der größten Öl- und Energiekonzerne der Welt
mit Sitz in Paris. Das Unternehmen beschäftigt rund 100.000 Menschen
und ist in mehr als 130 Ländern aktiv. 2021 änderte der Konzern seinen
Namen von Total zu TotalEnergies, um seine geplante Umorientierung auf erneuerbare Energien zu betonen.
OZD-Extras:
Fun-Fact: Die
Umbenennung von Total in TotalEnergies kostete laut französischen Medien
über 200 Millionen Euro – allein für Marketing, Logos und
Imagekampagnen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.