Am 15. November 2025 verleiht Reporter ohne Grenzen (RSF) im Rahmen eines Festivals zum 40-jährigen Bestehen der internationalen Organisation in Paris die diesjährigen RSF-Press Freedom Awards. Zum 33. Mal werden Journalistinnen, Fotojournalisten und Medienorganisationen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für unabhängigen Journalismus, Informationsfreiheit und den Schutz von Medienschaffenden einsetzen.
Insgesamt sind 29 Nominierte aus 18 Ländern in fünf Kategorien vertreten. Ihre Geschichten spiegeln die gegenwärtigen zentralen Kämpfe um Pressefreiheit weltweit wider – wie etwa die Kriminalisierung kritischer Berichterstattung, die Zensur unabhängiger Medien und den Mut, der nötig ist, um trotzdem zu berichten.
Journalist*innen zwischen Haft, Einschüchterung und Widerstand
Die diesjährigen Nominierten stehen beispielhaft für die Härte, mit der gegen unabhängige Stimmen vorgegangen wird.
Die aserbaidschanische Journalistin Sevinj Vagifgizi, Chefredakteurin von Abzas Media, wurde im Juni 2025 wegen konstruierter Anschuldigungen zu neun Jahren Haft verurteilt. Dennoch hält sie in Gefangenschaft an ihrer journalistischen Arbeit fest und bezeichnet „die Wahrheit als das, was die Regierung am meisten fürchtet".
Auch die philippinische Investigativreporterin Frenchie Mae Cumpio sitzt seit mehr als fünf Jahren ohne rechtskräftiges Urteil in Haft. Sie wurde mit erfundenen Vorwürfen wie „illegalem Waffenbesitz" zum Schweigen gebracht – ein drastisches Beispiel für das sogenannte „Red Tagging" auf den Philippinen, mit dem kritische Journalistinnen als „Terroristinnen" gebrandmarkt werden.
In Gaza berichtet Nur Swirki trotz ständiger Lebensgefahr weiter für unabhängige Medien. Seit Beginn des Krieges dokumentiert sie das Schicksal der Zivilbevölkerung. Sie blieb, nachdem sie ihre Kinder nach Ägypten evakuieren musste – überzeugt, dass ihre Arbeit gebraucht wird, um die Realität vor Ort sichtbar zu machen.
Fünf Preise für Pressefreiheit
In diesem Jahr werden die RSF-Preise in fünf Kategorien vergeben. Alle zeichnen Journalistinnen, Fotografen oder Medienorganisationen aus, die unter besonders schwierigen Bedingungen arbeiten oder entscheidende Impulse für Pressefreiheit gesetzt haben.
Die Auszeichnung für mutige Berichterstattung (Courage Prize) würdigt Medienschaffende, die trotz Gewalt, Drohungen oder Zensur ihrer Arbeit nachgehen. Nominiert sind Atiana Serge Oulon (Burkina Faso), Sevinj Vagifgizi (Aserbaidschan), Frenchie Mae Cumpio (Philippinen), Angélica Cárcamo (El Salvador), das Team von des TV-Kanals N1 (Serbien), Nur Swirki (Palästinensische Gebiete).
Die Auszeichnung für Wirksamkeit (Impact Prize) geht an Journalistinnen und Reporter, Medien oder NGOs, deren Recherchen konkrete Verbesserungen für Pressefreiheit, Unabhängigkeit oder öffentliche Aufmerksamkeit bewirkt haben – nominiert ist zum Beispiel die palästinensische Journalistin Bisan Owda, die aus Gaza mit dem Satz „It’s me, Bisan from Gaza, and I’m still alive" Millionen Menschen erreicht hat. Zudem finden sich die Teams der Online-Zeitung Luật Khoa (Vietnam) und der Plattform Radio Free Asia ebenso in dieser Kategorie wie die Medienschaffenden Mauricio Weibel Barahona (Chile), Dhanya Rajendran (Indien) und Tal al-Malluhi (Syrien).
Die Auszeichnung für Unabhängigkeit (Independence Prize) würdigt Medienschaffende, die sich politischem, wirtschaftlichem oder religiösem Druck widersetzen. Nominiert ist die israelisch-palästinensische Redaktion von +972 Magazine, welche unabhängig viele Kriegsverbrechen in Gaza dokumentierte, sowie Fatih Altayli, einer der bekanntesten türkischen Journalisten, der seit Juni 2025 inhaftiert ist, weil er über Präsident Erdoğans sinkende Popularität berichtete. Auch die Teams von NikVesti (Ukraine) und Ukweli Coalition Media Hub (Ostafrika), sowie die Medienschaffenden Shin Daewe (Myanmar) und Murad Zeghidi (Tunesien) sind nominiert.
Der Mohamed-Maïga-Preis für investigativen Journalismus in Afrika, 2024 erstmals vergeben, ehrt afrikanische Journalist*innen, die Missstände zu Menschenrechten, Umwelt, Bildung und Informationsfreiheit aufdecken. Nominiert sind Atiana Serge Oulon (Burkina Faso), Justin Yarga (Burkina Faso), Ukweli Coalition Media Hub (Ostafrika), Joliba TV (Mali), Elza Sandrine Sawadogo (Burkina Faso) sowie Truth Reporting Post (Togo und Westafrika).
Der Lucas-Dolega-SAIF-Fotopreis würdigt Fotojournalistinnen – und journalisten, die durch ihre Arbeit humanitäre Krisen, Kriege und gesellschaftliche Umbrüche sichtbar machen – darunter der französische Fotograf Robin Tutenges, der in Äthiopien die Aufstände der Fano-Miliz dokumentierte, und der bangladeschische Fotograf Abdus Salam, der den studentischen Aufstand in Dhaka festhielt. Weitere Nominierte sind Adrien Vautier (Frankreich), Emin Özmen (Türkei), Marion Péhée (Frankreich), und Paloma Laudet (Frankreich).
Jury und Festivalrahmen
Die Jury der 33. Ausgabe der RSF-Preise vereint renommierte Journalist*innen, Fotograf*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen aus aller Welt, darunter Rana Ayyub (Washington Post), Raphaëlle Bacqué (Le Monde), F. Obermaier (Süddeutsche Zeitung), Michail Sygar (ehemals TV Dozhd) sowie Patrick Chauvel, Gaël Turine und Saina Erhaim. Den Vorsitz hat der französische Journalist Pierre Haski, Präsident von Reporter ohne Grenzen International.
Die Preisverleihung ist Teil des RSF-Festivals, das anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Organisation stattfindet. In Paris erwartet die Besucher*innen ein mehrtägiges Programm aus Filmen, Diskussionen, Workshops, Ausstellungen und Performances – eine Hommage an vier Jahrzehnte Einsatz für Pressefreiheit und Zugang zu verlässlichen Informationen weltweit.
Reporter ohne Grenzen e. V.
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