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Kein Lebenszeichen von Nobelpreisträgerin Mohammadi

Seit der gewaltsamen Festnahme der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi fehlt von der 53-Jährigen jedes Lebenszeichen.

Nach Angaben ihrer Stiftung hat Mohammadi seit Freitag keinen einzigen Anruf tätigen können, lediglich ein kleiner Teil der gemeinsam Festgenommenen habe Kontakt zu Angehörigen aufnehmen dürfen. Die Unterstützer zeigten sich am Sonntag „tief besorgt um das körperliche und psychische Wohlbefinden aller Inhaftierten“ und forderten ihre sofortige und bedingungslose Freilassung.

Mohammadi war am Freitag bei einer Trauerzeremonie für den kürzlich tot aufgefundenen Anwalt Chosrow Alikordi gemeinsam mit weiteren Aktivistinnen und Aktivisten von Sicherheitskräften abgeführt worden. Nach Angaben ihrer Stiftung lag die Zahl der Festgenommenen vermutlich bei mehr als 50 Personen. Der Fall der Friedensnobelpreisträgerin wurde inzwischen an den Revolutionsstaatsanwalt der Stadt Maschchad weitergeleitet. Ihr droht demnach eine Anklage wegen angeblicher Gefährdung der nationalen Sicherheit – Informationen über ihren Gesundheitszustand gibt es bislang nicht.

Der Staatsanwalt von Maschchad, Hassan Hemmatifar, sprach von insgesamt 38 Festnahmen bei der Zeremonie, darunter auch die bekannte Aktivistin Sepideh Gholian. Später sei zudem der Bruder des verstorbenen Anwalts, Dschawad Alikordi, festgenommen worden. Hemmatifar warf Mohammadi und den anderen vor, provokative Reden gehalten und zur Störung der öffentlichen Ordnung angestiftet zu haben. Die Ermittlungen dauerten an.

Mohammadi war erst im Dezember 2024 aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis freigelassen worden. Gleichzeitig war ihr die Ausreise aus dem Iran untersagt worden. Die erneute Festnahme trifft eine Frau, die bereits seit Jahren zu den prominentesten Stimmen gegen Repression, Todesstrafe und systematische Gewalt im Iran zählt.

Besonders brisant ist der Hintergrund der Trauerfeier. Anwalt Chosrow Alikordi war vergangene Woche tot in seinem Büro aufgefunden worden. Der 45-Jährige hatte unter anderem Menschen verteidigt, die nach den landesweiten Protesten 2022 inhaftiert worden waren. Menschenrechtsorganisationen forderten eine unabhängige Untersuchung. Die Organisation Iran Human Rights sprach von einem „sehr ernsthaften Verdacht auf einen staatlichen Mord“, während die Justiz von einem natürlichen Tod durch Herzinfarkt spricht.

International wächst der Druck. Die Europäische Union forderte Mohammadis sofortige Freilassung. Auch das Auswärtige Amt in Berlin bezeichnete die gewaltsame Festnahme bei einer Trauerfeier als zutiefst beunruhigend und betonte, der Einsatz für Menschenrechte und Meinungsfreiheit dürfe niemals kriminalisiert werden. OZD


OZD-Kommentar – Wenn Schweigen zur Waffe wird

Dass seit Tagen kein Kontakt zu Narges Mohammadi möglich ist, ist kein Zufall, sondern Methode. Das iranische Regime nutzt Isolation als Druckmittel – psychologisch wie politisch. Wer selbst eine Friedensnobelpreisträgerin festsetzt und zum Schweigen bringt, zeigt, wie wenig ihn internationale Auszeichnungen oder Appelle kümmern. Gerade deshalb darf die Welt jetzt nicht wegsehen. Schweigen schützt nicht die Opfer, sondern die Täter. Jeder weitere Tag ohne Transparenz ist ein weiterer Beweis für systematische Repression.

Aber wie dämlich ist es, in den Iran zurückzufahren? 


Lesermeinungen

„Wenn selbst Nobelpreisträgerinnen verschwinden können, ist niemand im Iran sicher.“
„Die internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln, nicht nur mahnen.“
„Das Regime hat Angst vor einer Stimme – das sagt alles.“


Mini-Infobox

– Narges Mohammadi seit Freitag ohne Kontakt
– Festnahme bei Trauerzeremonie
– Drohende Anklage wegen „nationaler Sicherheit“
– Internationaler Protest wächst
– EU fordert sofortige Freilassung


OZD-Analyse

Repressionsmuster des Regimes
– a) Festnahmen bei Trauerfeiern als Abschreckung
– b) Isolation politischer Gefangener
– c) Instrumentalisierung des Sicherheitsbegriffs

Bedeutung von Mohammadis Fall
– a) Symbolfigur der iranischen Menschenrechtsbewegung
– b) Nobelpreis erhöht internationale Aufmerksamkeit
– c) Regime testet Grenzen der Weltgemeinschaft

Internationale Verantwortung
– a) Diplomatischer Druck notwendig
– b) Sanktionen und Öffentlichkeit als Hebel
– c) Schutz politischer Gefangener als Prüfstein


Wer ist Narges Mohammadi?
Narges Mohammadi ist eine iranische Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin 2023. Sie engagiert sich seit Jahren gegen die Todesstrafe, für Frauenrechte und gegen staatliche Repression im Iran und verbrachte viele Jahre in Haft.

Was ist das Evin-Gefängnis?
Das Evin-Gefängnis in Teheran gilt als eines der berüchtigtsten Gefängnisse des Iran. Dort sind zahlreiche politische Gefangene inhaftiert, häufig unter schweren Haftbedingungen und ohne rechtsstaatliche Verfahren.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

OZD-Extras
Noch nie zuvor wurde eine amtierende Friedensnobelpreisträgerin im Iran so offen und demonstrativ erneut festgenommen.