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Kommt die Wehrpflicht zurück?

CDU-Verteidigungspolitiker Thomas Röwekamp hat Zweifel, dass der Bundeswehr-Aufbau allein über Freiwillige gelingt. Er fordert, das Modell schon 2027 zu prüfen – und hält eine Rückkehr zur Wehrpflicht für möglich.

Der CDU-Verteidigungspolitiker Thomas Röwekamp hat deutliche Zweifel am Erfolg des geplanten Freiwilligenmodells beim künftigen Wehrdienstgesetz geäußert. „Wir hoffen, dass das gelingt, aber wir müssen vorbereitet sein auf den Fall, dass es nicht gelingt“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. Es gebe „erhebliche Zweifel“, dass genügend junge Menschen freiwillig in die Bundeswehr eintreten werden.

Zwar bestehe Einigkeit darüber, zunächst auf Freiwilligkeit zu setzen und ganze Jahrgänge zu mustern, doch Röwekamp fordert, den Weg bereits 2027 kritisch zu prüfen. Sollte das Konzept scheitern, müsse man bereit sein, zur Wehrpflicht zurückzukehren. „Wir brauchen keine ganzen Jahrgänge, sondern nur einen Teil davon“, sagte er – entscheidend sei dabei ein gerechtes und transparentes Auswahlverfahren, etwa per Losverfahren.

Im Gespräch mit dem Sender Phoenix betonte Röwekamp zudem, die Politik müsse die Attraktivität des Dienstes stärken. „Wir müssen junge Menschen davon begeistern, dass es sinnstiftend ist, sich in den Dienst unserer Gesellschaft zu stellen und unser Land zu verteidigen.“ Sollte das nicht gelingen, „wird es erforderlich sein, zur Wehrpflicht zurückzukehren“.

Auch Experten warnten zuletzt in einer öffentlichen Anhörung vor zu großer Zurückhaltung. Mehrere Sachverständige hielten den Gesetzentwurf für unzureichend, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands nachhaltig zu sichern. Der Bundeswehrverband forderte sogar, bereits jetzt einen Umschaltmechanismus ins Gesetz aufzunehmen – für den Fall, dass Freiwillige ausbleiben.

OZD


OZD-Kommentar:
Röwekamp sagt laut, was viele im Verteidigungsapparat längst denken: Freiwilligkeit klingt gut, reicht aber nicht. Die Bundeswehr kämpft mit Nachwuchsmangel, Überbürokratie und Imageproblemen – da hilft kein Idealismus-Appell allein. Wenn die Regierung weiter zögert, wird 2027 zur Nagelprobe. Dann könnte die Rückkehr zur Pflicht unausweichlich werden – und zwar nicht aus ideologischen, sondern aus sicherheitspolitischen Gründen.


Mini-Infobox:
Gesetzesvorhaben: Neues Wehrdienstgesetz
Prüfung: 2027 soll Freiwilligenmodell bewertet werden
Alternative: Teilweise Wiedereinführung der Wehrpflicht
Ziel: Aufstockung der Bundeswehr-Personalstärke
Kritik: Bundeswehrverband fordert Umschaltmechanismus


OZD-Analyse

Hintergrund des Freiwilligenmodells
a) Nach dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 will die Bundesregierung mit einem flexiblen Wehrdienstkonzept mehr Personal gewinnen.
b) Vorgesehen ist die Musterung ganzer Jahrgänge, aber ein freiwilliger Dienstantritt.
c) Ziel: 2030 eine „einsatzbereite, resiliente Truppe“ mit 230.000 Soldaten.


Die Zweifel im Bundestag
– Röwekamp und andere Unionspolitiker bezweifeln, dass genug Freiwillige gefunden werden.
– SPD und Grüne setzen weiter auf Freiwilligkeit – aus politischen und gesellschaftlichen Gründen.
– Militärische Fachleute fordern Planungssicherheit: Freiwilligkeit sei „kein Ersatz für Verfügbarkeit“.

Was ein Losverfahren bedeuten würde
– Gerechtigkeitsorientierte Teilpflicht: zufällige Auswahl eines Anteils eines Jahrgangs.
– Risiko: gesellschaftliche Akzeptanz und rechtliche Umsetzbarkeit.
– Vorteil: schnelle Aktivierbarkeit bei sicherheitspolitischen Krisen.

Wer ist Thomas Röwekamp?
Thomas Röwekamp, 57, ist CDU-Politiker und seit 2025 Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag. Der Jurist aus Bremen gilt als sicherheitspolitischer Hardliner mit pragmatischer Haltung zur Wehrpflicht. Zuvor war er Innenpolitiker und CDU-Fraktionschef in Bremen.

Was ist der Bundeswehrverband?
Der Deutsche Bundeswehrverband ist die Interessenvertretung der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Er berät Politik und Öffentlichkeit in Fragen von Dienstrecht, Personal und Verteidigungsfähigkeit und setzt sich für eine Stärkung der Truppe ein.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.


OZD-Extras
Fun-Fact: Seit dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 sank die Zahl der Bewerber für den freiwilligen Wehrdienst um fast 40 Prozent – trotz millionenschwerer Imagekampagnen.