US-Präsident Donald Trump sieht nach den jüngsten Verhandlungen zwischen ukrainischen Unterhändlern und der US-Regierung realistische Chancen auf ein Abkommen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. „Ich denke, es gibt eine gute Chance, dass wir einen Deal machen können“, sagte Trump am Sonntag an Bord der Air Force One vor Journalisten.
Deutlich kritisierte der Präsident jedoch die aktuelle Korruptionsaffäre in der Ukraine rund um den zurückgetretenen Präsidialamtschef Andrij Jermak. „Die Ukraine hat ein paar schwierige, kleine Probleme“, so Trump. „Es herrscht Korruption, was nicht gerade hilfreich ist.“ Der Rücktritt von Jermak, einem der engsten Vertrauten von Präsident Wolodymyr Selenskyj, setzt die ukrainische Regierung innenpolitisch unter massiven Druck. Laut Experten könnte er zudem die internationale Verhandlungsposition Kiews schwächen.
US-Außenminister Marco Rubio bezeichnete das Treffen in Florida als „sehr produktiv“, betonte jedoch, dass weitere Gespräche notwendig seien. Der ukrainische Chefunterhändler Rustem Umerow sprach ebenfalls von „produktiven und erfolgreichen“ Beratungen. Selenskyj erklärte auf X, man habe alle Themen offen und konstruktiv diskutiert – stets mit Fokus auf der Wahrung der ukrainischen Souveränität und nationalen Interessen.
Der US-Plan zur Konfliktlösung war in seiner ursprünglichen Version vielfach als stark pro-russisch kritisiert worden. Er sah unter anderem vor, dass die Ukraine nicht nur besetzte, sondern ebenfalls nicht besetzte Gebiete abtreten sollte. Zudem sollte Kiew auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichten und seine Streitkräfte deutlich reduzieren. In Genf wurde der Plan später gemeinsam mit europäischen Partnern zu einer 20-Punkte-Fassung überarbeitet. Kreml-Chef Wladimir Putin bezeichnete die neue Fassung am Freitag als mögliche „Grundlage für zukünftige Vereinbarungen“, beharrt allerdings weiterhin auf einem Rückzug der ukrainischen Armee aus den von Russland beanspruchten Gebieten.
Die Gespräche in Florida markieren den Beginn einer intensiven diplomatischen Woche. Selenskyj wird am Montag in Paris von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron empfangen, um über den US-Plan zu beraten. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff wird am Montag nach Moskau reisen, um dort mit Putin zu verhandeln. Zudem plant US-Verteidigungsstaatssekretär Dan Driscoll in den kommenden Tagen eine Reise nach Kiew.
ERKLÄRUNGEN
Warum sieht Trump Chancen für ein Abkommen?
Die jüngsten Gespräche verliefen laut allen Seiten konstruktiv. Zudem zeigt Russland erstmals eine gewisse Offenheit gegenüber der überarbeiteten 20-Punkte-Fassung.
Welche Bedeutung hat die Korruptionsaffäre in Kiew?
Der Rücktritt Jermaks könnte die ukrainische Führung schwächen, da ein zentraler Vertrauter Selenskyjs wegfällt – mitten in heiklen Verhandlungen.
Wieso war der ursprüngliche US-Plan umstritten?
Er hätte erhebliche territoriale Zugeständnisse der Ukraine gefordert und war daher international – vor allem in Europa – stark kritisiert worden.
Wie geht es diplomatisch weiter?
Paris, Moskau und Kiew stehen im Fokus einer neuen Verhandlungsrunde, die entscheidend für die weitere Ausrichtung des Friedensprozesses sein könnte.
ANALYSE
Die vorsichtige Annäherung zwischen den Verhandlungspartnern deutet auf eine neue Phase der Diplomatie hin. Gleichzeitig bleiben die politischen Rahmenbedingungen hochkomplex: Die Ukraine ringt mit einem innenpolitischen Erschütterungseffekt, während Russland strategisch abwartet und weiterhin harte territoriale Forderungen stellt. Dass die USA den Plan überarbeitet haben, erhöht zwar die Chancen auf Fortschritte, doch echte Einigungen hängen weiterhin von einem äußerst fragilen Gleichgewicht ab. Die kommenden Tage könnten entscheidend dafür sein, ob sich die Gesprächsdynamik verfestigt – oder erneut ins Stocken gerät.
OZD
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Bild: AFP