... sondern auch ein Kraftakt für die gesamte Union.
Was ist passiert?
Die Europäische Kommission hat angekündigt, dass Gasimporte aus Russland schrittweise verboten werden sollen. Bereits ab Ende 2024 sollen kurzfristige Gaskäufe auf dem Spotmarkt untersagt und keine neuen Verträge mehr abgeschlossen werden dürfen. Bestehende langfristige Verträge sollen mit Übergangsfrist bis spätestens Ende 2027 auslaufen.
Der Vorschlag betrifft sowohl Pipeline-Gas als auch Flüssiggas (LNG). Laut Kommission machte russisches Gas 2023 noch etwa 19 % aller EU-Importe aus – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den Jahren vor dem Ukrainekrieg. Das Ziel: Europa unabhängiger machen und verhindern, dass Russland Energie als politisches Druckmittel nutzen kann.
Was bedeutet das?
Mit dem Schritt will die EU die Lehren aus dem Ukrainekrieg weiterziehen. Energiekommissar Dan Jørgensen formulierte es deutlich: „Wir werden es nicht mehr zulassen, dass Russland Energie als Waffe gegen uns einsetzt.“ Die Maßnahme ist also nicht nur wirtschaftlich, sondern klar geopolitisch motiviert.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont die moralische Dimension: „Mit der Energie, die auf unseren Kontinent kommt, sollten wir nicht für einen Angriffskrieg gegen die Ukraine zahlen.“ Das geplante Verbot ist somit ein politisches Statement – mit wirtschaftlichen Konsequenzen.
Was sagen die Akteure?
EU-Kommission: Setzt auf LNG aus befreundeten Drittstaaten, insbesondere den USA. Sie sieht die Infrastruktur – etwa LNG-Terminals in Wilhelmshaven – als ausreichend ausgebaut.
Deutschland (u. a. BDEW): Unterstützt den Kurs. Man fordert ohnehin seit Jahren eine breitere Diversifizierung der Energiequellen.
Greenpeace: Begrüßt den Schritt ebenfalls – vor allem im Hinblick auf Nord Stream 2, dessen Inbetriebnahme damit endgültig vom Tisch ist.
Ungarn: Lehnt die Pläne ab. Außenminister Szijjártó spricht von einem „schweren Fehler“ und wirft der Kommission ideologische Motivation vor.
Kommentar:
Mit dem geplanten Gasverbot gegen Russland geht die EU in die energiepolitische Offensive. Der Schritt ist richtig – aus moralischen und sicherheitspolitischen Gründen. Russisches Gas war über Jahrzehnte günstig, aber politisch gefährlich. Der Krieg in der Ukraine hat die Abhängigkeit schmerzhaft sichtbar gemacht.
Die Kehrseite: Der Umbau der Energieversorgung kostet Geld und Zeit. Flüssiggas ist teurer, und nicht alle EU-Staaten sind gleich gut vorbereitet. Besonders ärmere Mitgliedsländer oder solche mit engen Energiebeziehungen zu Russland – wie Ungarn – stemmen sich daher gegen die Pläne.
Die Kommission muss also nicht nur gesetzlich liefern, sondern auch politisch vermitteln. Der Erfolg dieses Projekts hängt letztlich davon ab, ob es ihr gelingt, die Mitgliedsstaaten mitzunehmen – ohne neue Spaltungen in der Union zu riskieren.
Bereits im kommenden Monat will die Kommission einen konkreten Gesetzesentwurf vorlegen. Danach müssen Europaparlament und die 27 Mitgliedsstaaten zustimmen. Der Weg ist also noch lang – aber die Richtung ist klar: Europa will sich vom russischen Gas lossagen. Endlich und endgültig.
OZD
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Bild: AFP