Ein Zusammenschluss deutscher und französischer Wirtschaftsexperten ruft die EU eindringlich dazu auf, sich gegenüber den protektionistischen Maßnahmen der USA unter Präsident Donald Trump entschieden und mit Nachdruck zur Wehr zu setzen. Der Appell erfolgt vor dem Hintergrund steigender US-Zölle, die europäische Exporte zunehmend belasten.
Verteidigung der globalen Handelsordnung als EU-Verantwortung
Laut dem deutsch-französischen Wirtschaftsrat, dem unter anderem die deutschen Wirtschaftsweisen sowie Forscher des Instituts für Weltwirtschaft Kiel angehören, müsse die Europäische Union eine Führungsrolle im globalen Handel übernehmen – gerade angesichts zunehmender Abschottungstendenzen. Dabei dürfe sie sich nicht scheuen, bei Bedarf auch mit harten Gegenmaßnahmen auf handelspolitische Aggressionen zu reagieren. Die Botschaft: Wer die globale Handelsordnung gefährdet, darf nicht auf Zurückhaltung hoffen.
Zölle auf Industriegüter: Gesprächsbereitschaft ja, aber nicht um jeden Preis
Während die Experten betonen, dass eine besonnene Reaktion auf die bereits bestehenden US-Zölle angemessen sei, befürworten sie ausdrücklich das von Brüssel unterbreitete Angebot, die Industriegüterzölle beidseitig auf null zu senken. Dieses Angebot verdeutlicht die Gesprächsbereitschaft der EU – jedoch wird gleichzeitig deutlich gemacht: Weitere Drohungen und Eskalationen seitens Washington dürfen nicht unbeantwortet bleiben.
Konkrete Gegenschritte: Marktzugangsbeschränkungen und regulatorische Maßnahmen
In ihrer Stellungnahme listen die Experten konkrete Optionen für Gegenmaßnahmen auf. Neben Gegenzöllen auf ausgewählte US-Produkte stehen auch Marktzugangsbeschränkungen für amerikanische Unternehmen sowie regulatorische Eingriffe im digitalen Dienstleistungsbereich zur Debatte. Diese Vorschläge zielen auf eine strategische Reaktion, die sowohl wirtschaftlichen Druck auf die USA ausübt als auch europäische Interessen schützt.
Stärkung europäischer Unternehmen und Handelsdiversifizierung
Darüber hinaus fordern die Ökonomen eine proaktive europäische Handelspolitik. Europäische Unternehmen, die durch die US-Zollpolitik Marktanteile verlieren, müssten unterstützt werden – etwa durch die Erschließung alternativer Exportmärkte. In diesem Kontext wird auf das EU-Mercosur-Abkommen und weitere internationale Handelsabkommen verwiesen, die gezielt ausgebaut werden sollten.
Ökonomische Auswirkungen: Für die USA höher als für die EU
Die Experten analysieren auch die ökonomischen Konsequenzen der bisherigen Zölle. Während die EU durch die Maßnahmen einen leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,15 Prozent zu verzeichnen hätte, seien die negativen Folgen für die USA selbst gravierender. Sollte es zu weitergehenden Maßnahmen wie 25-Prozent-Zöllen auf sämtliche EU-Waren kommen, könnte dies die europäische Wirtschaft nochmals um bis zu 0,33 Prozent belasten.
Zollpolitik als Druckmittel – EU muss die Zeit nutzen
Die Trump-Administration setze Zölle gezielt als Erpressungsinstrument ein, um politische oder wirtschaftliche Zugeständnisse zu erzwingen. Dass Trump eine vollständige Zollanhebung zunächst um 90 Tage aufgeschoben hat, sehen die Experten als taktisches Kalkül. Die EU solle diese Frist sowohl für intensive Verhandlungen als auch zur konkreten Vorbereitung robuster Gegenmaßnahmen nutzen.
Kommentar: Eine neue Realität für die Handelspolitik Europas
Insgesamt zeigt sich: Die Handelspolitik der EU steht vor einer Bewährungsprobe. Längst ist die Zeit vorbei, in der wirtschaftliche Verlässlichkeit und Regeln des Freihandels selbstverständlich waren. Der Vorstoß der deutsch-französischen Experten verdeutlicht, dass Europa bereit sein muss, mit Entschlossenheit zu handeln – nicht aus Eskalationslust, sondern zum Schutz einer regelbasierten Wirtschaftsordnung und der eigenen wirtschaftlichen Interessen. Ein rein defensiver Kurs könnte sich langfristig als riskanter erweisen als ein selbstbewusstes und abgestimmtes Vorgehen.
OZD
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