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Gefangenenaustausch zwischen Russland und Ukraine: Hoffnungsschimmer oder Propagandainstrument?

Der Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine gilt als diplomatischer Lichtblick. Doch hinter der symbolischen Geste verbergen sich Machtinteressen, widersprüchliche Angaben und neue Vorwürfe schwerster Kriegsverbrechen.

Am vergangenen Freitag begann der bislang größte Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Jeweils 1000 Gefangene sollen laut der Einigung aus der Vorwoche in Istanbul ausgetauscht werden. Präsident Selenskyj verkündete bereits die Rückkehr von 390 ukrainischen Kriegsgefangenen, ebenso bestätigte das russische Verteidigungsministerium die Heimkehr von 390 Personen, darunter auch „Zivilisten aus der Region Kursk“ – eine überraschende Formulierung, da Kursk auf russischem Territorium liegt und nicht als offiziell umkämpft galt.

Während westliche Beobachter den Austausch als diplomatische Geste und Hoffnungsschimmer deuten, bleiben zentrale Fragen offen: Welche Kriterien bestimmten, wer freikam? Wie ist die tatsächliche Lage der Inhaftierten in beiden Ländern? Und welchen propagandistischen Zweck verfolgen Moskau und Kiew mit der medialen Inszenierung dieses „Erfolgs“?

Besonders irritierend wirkt in diesem Kontext die Einmischung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der den Austausch auf seinem Netzwerk „Truth Social“ voreilig als abgeschlossen verkündete – obwohl die Übergaben laut Kiew noch weiterlaufen. Seine Glückwünsche wirken wie ein plumper Versuch, sich außenpolitisches Profil in einem Konflikt zu verschaffen, in dem er keinerlei offizielles Mandat mehr hat.

Gleichzeitig wirft die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft Russland schwere Kriegsverbrechen vor: Seit Kriegsbeginn seien mindestens 270 ukrainische Kriegsgefangene hingerichtet worden, mit einem deutlichen Anstieg der Fälle in den letzten Monaten. Sollte sich dies bewahrheiten, stellt sich die Frage, wie ernsthaft Russland an einer humanitären Lösung interessiert ist – oder ob es sich lediglich um eine Machtdemonstration in Kriegszeiten handelt.

So sehr die symbolische Bedeutung eines Gefangenenaustauschs zu begrüßen ist, darf er nicht über strukturelle Gewalt, systematische Menschenrechtsverletzungen und die Instrumentalisierung von Kriegsgefangenen als politische Verhandlungsmasse hinwegtäuschen. Ein echter Fortschritt wäre es, wenn beide Seiten sich auf transparente internationale Kontrolle, menschenwürdige Haftbedingungen und unabhängige Ermittlungen zu Kriegsverbrechen einigen würden.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP