Es war ein Auftakt ohne Gänsehaut: Der englische Traditionsklub Chelsea hat sein erstes Spiel bei der Klub-Weltmeisterschaft in den USA gewonnen – doch fast 50.000 leere Sitze im Stadion von Atlanta machten das 2:0 gegen Los Angeles FC zu einem sportlichen Erfolg in einer fast gespenstischen Umgebung. Nur rund 22.000 Zuschauer verirrten sich in das 71.000 Zuschauer fassende Mercedes-Benz Stadium, wo normalerweise die Teams von Atlanta United und den NFL-Footballern der Falcons für Stimmung sorgen.
Chelsea-Coach Enzo Maresca fand klare Worte: „Das ganze Umfeld war ein bisschen eigenartig. Das Stadion war fast leer.“ Dennoch lobte er die Reaktion seiner Spieler: „Aber wir sind Profis, wir müssen uns der Situation anpassen. Die Einstellung der Mannschaft war top – sie haben gezeigt, wie professionell sie sind.“
Dabei war das Spiel keineswegs Teil eines generellen Zuschauerproblems: Zum Eröffnungsspiel zwischen Inter Miami und Al-Ahly waren mehr als 60.000 Fans gekommen, das Spitzenduell zwischen Paris Saint-Germain und Atlético Madrid in Pasadena lockte sogar 80.000 Menschen in das Stadion. Dass Chelsea zum Auftakt kaum Interesse weckte, liegt womöglich am unglücklichen Termin: ein Montag, 15 Uhr Ortszeit.
Sportlich jedoch zeigte sich der Conference-League-Sieger souverän. Pedro Neto brachte Chelsea in der 34. Minute in Führung, Enzo Fernandez machte in der 79. Minute alles klar. Mit dem Erfolg übernimmt Chelsea vorerst die Tabellenführung in Gruppe D.
Für das zweite Gruppenspiel gegen Flamengo erwartet Maresca deutlich mehr Publikum – nicht zuletzt, weil brasilianische Klubs traditionell viele lautstarke Fans mitbringen. „Wir haben keinen Zweifel daran, dass das nächste Spiel ein schönes wird“, sagte der Coach. In Philadelphia dürften die Ränge deutlich voller werden – und vielleicht kommt dann auch die Atmosphäre, die man bei einer Klub-WM erwartet.
OZD
OZD-Kommentar
Was bleibt von einem Fußballspiel, wenn die Leidenschaft fehlt? Wenn sich der Jubel in einem Stadion verliert, das eher an ein leergefegtes Einkaufszentrum erinnert als an eine Weltbühne? Die Antwort lieferte Chelseas Auftritt in Atlanta: Sportlich überzeugend, atmosphärisch jedoch eine Enttäuschung. Ein WM-Spiel, das so viel größer hätte wirken sollen – und doch wirkte wie ein Testspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Dass ein solcher Auftritt mitten am Montag um 15 Uhr angesetzt wird, lässt an der Planung dieser Klub-WM zweifeln. Wenn selbst ein Topteam wie Chelsea nicht mehr als 22.000 Menschen mobilisiert, obwohl 71.000 Plätze bereitstehen, ist das ein Warnsignal. Fußball lebt von Emotion, von elektrischer Atmosphäre – nicht von akustischer Leere.
Zwar mag das nächste Spiel gegen Flamengo mehr Fans locken, doch der Imageschaden ist gemacht. Der Weltverband FIFA, ohnehin in der Kritik, muss sich fragen lassen, ob er mit dieser Art Turnierkonzeption der globalen Strahlkraft des Klubfußballs nicht eher schadet als nutzt. Denn Fußball ohne Fans – ist nur die Hälfte wert.
OZD-Analyse
1. Leere Ränge trotz Topteams:
a) 22.000 Zuschauer – Deutlich unter den Erwartungen bei einem internationalen Turnier dieser Größenordnung
b) Unvorteilhafte Anstoßzeit – Ein Spiel an einem Montag um 15 Uhr Ortszeit sorgt für fehlende Kulisse
c) Imagefrage – Chelsea als Zugpferd zieht nicht wie erhofft, das wirft Fragen zur WM-Vermarktung auf
2. Sportlicher Start Chelseas:
a) Solide Leistung – Tore von Pedro Neto (34.) und Enzo Fernandez (79.) sichern den Auftaktsieg
b) Disziplin trotz Flaute – Trainer Maresca lobt die professionelle Einstellung seiner Mannschaft
3. Zuschauervergleich:
a) Messi-Effekt – 60.000 Fans bei Inter Miami zeigen: Es geht auch anders
b) Paris vs. Atlético – Das bislang bestbesuchte Spiel mit 80.000 Zuschauern unterstreicht, dass Interesse vorhanden ist
Was ist die Klub-Weltmeisterschaft?
Die Klub-Weltmeisterschaft (Club World Cup) ist ein vom Fußball-Weltverband FIFA veranstaltetes Turnier, bei dem die besten Vereine aller Kontinente aufeinandertreffen. Ab 2025 wird das Format erstmals mit 32 Teams ausgetragen, ähnlich wie bei der Nationalmannschafts-WM. Ziel ist es, die globale Bedeutung des Vereinsfußballs weiter zu steigern – was allerdings nicht überall gelingt.
Wer ist Enzo Maresca?
Enzo Maresca ist ein italienischer Fußballtrainer und ehemaliger Spieler. Der 44-Jährige übernahm im Sommer 2024 das Traineramt beim FC Chelsea. Zuvor war er unter anderem bei Leicester City tätig. Maresca gilt als taktisch versierter Coach, der auf strukturierten Ballbesitzfußball setzt.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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