Der Versuch, den Ton gegenüber Russland abzumildern, stößt bei den anderen G7-Staaten auf Widerstand. Welche politischen Signale stecken dahinter?
Beim jüngsten G7-Gipfel in Kananaskis hat ein diplomatischer Eklat für Aufsehen gesorgt: Die Vereinigten Staaten blockierten nach Angaben Kanadas eine gemeinsame G7-Erklärung zur Ukraine. Der Grund: Die US-Regierung wollte offenbar eine weniger scharfe Rhetorik gegenüber Russland. Dies soll laut einem kanadischen Regierungsvertreter Spielraum für weitere Verhandlungen mit der Ukraine lassen. Die übrigen sechs Mitglieder, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien, plädierten hingegen für eine klare Verurteilung des russischen Angriffskrieges.
Diese Differenzen unter den G7-Staaten werfen wichtige Fragen auf: Warum tritt ausgerechnet die USA – historisch gesehen einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine – nun auf die Bremse? Beobachter vermuten, dass innenpolitische Überlegungen in den USA und der bevorstehende US-Wahlkampf eine Rolle spielen könnten. Ein zu konfrontativer Kurs gegenüber Russland könnte geopolitische Spannungen weiter verschärfen, was das außenpolitische Profil von Präsident Trump belasten würde.
Die USA setzten stattdessen auf andere thematische Schwerpunkte beim Gipfel. Insgesamt wurden sechs Erklärungen veröffentlicht, darunter zu Migration, Künstlicher Intelligenz und kritischen Rohstoffen. Im Fokus: die Bekämpfung organisierter Schleuserbanden und der Ruf nach innovativen Ansätzen, um deren Finanzströme zu unterbinden. Auch das Thema KI und wirtschaftliche Sicherheit wurde intensiv behandelt.
Auffällig war zudem, dass US-Präsident Donald Trump den Gipfel bereits am Montagabend verließ – offiziell wegen der angespannten Lage im Nahen Osten. Das geplante Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fiel damit aus – ein symbolischer Rückschritt in den transatlantischen Beziehungen zur Ukraine.
Die G7 als Wertegemeinschaft gerät damit erneut ins Wanken. Uneinigkeit in zentralen geopolitischen Fragen wie dem Ukraine-Krieg kann das Vertrauen in das Bündnis schwächen. Es stellt sich die Frage, wie belastbar die Solidarität mit der Ukraine wirklich ist – und welchen Preis der Westen bereit ist, für Einheit und strategische Interessen zu zahlen.
OZD
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Bild: AFP