Mit einem historischen und hoch umstrittenen Vergleich hat US-Präsident Donald Trump erneut weltweit für Aufsehen gesorgt. Am Rande des Nato-Gipfels in Den Haag erklärte er am Mittwoch, der US-Angriff auf iranische Atomanlagen am vergangenen Wochenende sei „genauso verheerend“ gewesen wie die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im Jahr 1945. „Damals wurde ein Krieg beendet – diesmal auch“, sagte Trump. Die Äußerung dürfte die diplomatischen Spannungen in einer ohnehin explosiven Lage weiter verschärfen.
Trump verteidigte die Angriffe mit bunkerbrechenden GBU-57-Bomben auf die iranischen Nuklearanlagen Fordo, Natans und Isfahan erneut mit drastischer Rhetorik. Die Zerstörung sei „vollständig“, betonte er – und widersprach damit Berichten des US-Geheimdienstes, wonach das iranische Atomprogramm nur um Monate zurückgeworfen wurde. Er nannte Berichte von CNN und der New York Times „Fake News“ und hielt erneut an seiner Darstellung fest: „Es war ein präziser, historischer Einsatz – und er hat gewirkt.“
Nach den US-Angriffen hatten sich Iran und Israel auf eine stufenweise Waffenruhe verständigt. Doch Trump dämpfte Hoffnungen auf ein langfristiges Ende der Eskalation. Auf die Frage, ob die Angriffe bald wieder aufgenommen würden, sagte er nur: „Es könnte vielleicht bald wieder beginnen.“ Gleichzeitig lobte er sich selbst dafür, zuletzt einen Bruch der Waffenruhe durch beide Seiten verhindert zu haben.
Auch US-Verteidigungsminister Pete Hegseth meldete sich in Den Haag zu Wort – und stützte Trumps Darstellung: Die Zerstörung sei so gewaltig gewesen, dass eine „sehr große Schaufel“ nötig sei, um die tatsächliche Lage unter der Erde zu bewerten. Die Einschläge seien so tief, dass selbst die Geheimdienste keine genaue Einschätzung wagen wollten.
Trump stilisiert den Angriff auf Irans Nuklearprogramm zur Zäsur – und provoziert mit dem Hiroshima-Vergleich eine Debatte, die weit über militärische Kreise hinaus reicht. In Japan und Europa dürfte diese Analogie als Affront empfunden werden. Doch für Trump scheint sie ein strategisches Signal: Stärke zeigen, Entschlossenheit demonstrieren – und alle Zweifel übertönen.
OZD
OZD-Kommentar:
Trumps Hiroshima-Vergleich ist nicht nur historisch fragwürdig, sondern moralisch verstörend. Wer einen konventionellen Luftangriff mit dem Abwurf zweier Atombomben gleichsetzt, ignoriert nicht nur die Dimensionen der damaligen Katastrophe – sondern relativiert das Leid von Hunderttausenden Zivilisten. Doch für Trump zählt wie so oft nur die Inszenierung.
Es ist bezeichnend, dass der Präsident die Deutungshoheit über den Krieg gegen den Iran nicht etwa dem Pentagon oder unabhängigen Experten überlässt, sondern sich selbst zum obersten Wahrheitsverkünder erhebt – gestützt auf martialische Begriffe und das altbekannte Vokabular von „Fake News“. Dass der eigene Geheimdienst einen anderen Befund liefert, wird einfach ignoriert. Wahrheit ist bei Trump längst zur Strategie geworden.
Die Frage bleibt: Wurde mit dem Angriff wirklich ein Krieg beendet – oder ein neuer vorbereitet? Trumps Worte klingen nach Endspiel, doch die Realität spricht eine andere Sprache. In Teheran rumort es weiter, Israel bleibt auf Alarmstufe, und der Nahe Osten ist weit von Frieden entfernt. Ein historisches Kapitel? Vielleicht. Aber mit welchem Ende?
OZD-Analyse
1. Trumps Hiroshima-Vergleich – Ein gefährlicher rhetorischer Tabubruch:
a) Historische Dimension:
– Der Angriff auf Hiroshima tötete über 100.000 Menschen.
– Trumps Vergleich verkennt die Einzigartigkeit des atomaren Grauens.
b) Politische Wirkung:
– Die Analogie soll Macht und Effektivität des US-Angriffs unterstreichen.
– Zugleich stellt sie eine Provokation für viele internationale Partner dar.
2. Die widersprüchlichen Deutungen der Angriffsfolgen:
a) Trump: Vollständige Vernichtung iranischer Nuklearanlagen.
– Darstellung stützt sich auf eigene Interpretation.
b) US-Geheimdienste: Nur begrenzte Schäden, Programm läuft weiter.
– Angriffe verzögern Iran möglicherweise nur um Monate.
3. Waffenruhe unter Vorbehalt:
a) Trump kündigt Feuerpause an – mit Vorbehalt.
– Seine Worte lassen Raum für neue Eskalation.
b) Iran zeigt Bereitschaft zur Deeskalation – wenn Israel aufhört.
– Die Dynamik bleibt fragil und abhängig vom Verhalten beider Seiten.
4. Reaktionen auf Trumps Aussagen:
a) Militärisch: Pentagon relativiert die Aussage, verweist auf fehlende Datenlage.
– Pete Hegseth bestätigt große Zerstörung, aber keine Details.
b) Moralisch: Hiroshima-Vergleich sorgt für Empörung – besonders in Japan.
– Noch keine offiziellen Reaktionen aus Tokio, aber massive Kritik absehbar.
Was war der Atombombenabwurf auf Hiroshima?
Der Atombombenabwurf auf Hiroshima erfolgte am 6. August 1945 durch ein US-Bomberflugzeug. Drei Tage später wurde auch Nagasaki zerstört. Rund 200.000 Menschen starben sofort oder an den Spätfolgen. Es war der erste und bislang einzige Einsatz von Atomwaffen in einem Krieg. Die Bombardierungen führten maßgeblich zur Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg, gelten jedoch bis heute als ethisch umstritten.
Was ist die GBU-57-Bombe?
Die GBU-57 Massive Ordnance Penetrator (MOP) ist eine bunkerbrechende Bombe der US-Luftwaffe. Mit 13 Tonnen Gewicht und konventionellem Sprengstoff kann sie bis zu 60 Meter unter die Erde eindringen. Sie wurde speziell zur Zerstörung tief verbunkerter Anlagen wie Irans Nuklearstandorte entwickelt – und wurde laut Pentagon bei den Angriffen auf Fordo und Natans eingesetzt.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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