Bahnkunden in Deutschland müssen sich möglicherweise schon in diesem Jahr auf empfindliche Preissteigerungen einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) warnt vor einem historischen Preisschub: „Wegen des starken Anstiegs der Trassenpreise drohen Preissteigerungen von deutlich mehr als zehn Prozent“, sagte EVG-Vorsitzender Martin Burkert der Bild-Zeitung.
Die Bahn selbst bestätigte, dass die Infrastruktursparte die sogenannte Schienenmaut im Fernverkehr um 18 Prozent und im Güterverkehr um 16 Prozent anheben will. Zwar gebe es „noch keine Entscheidungen“ über neue Fahrpreise, doch die finanziellen Belastungen seien nicht wegzudiskutieren. Die höheren Kosten müssten ausgeglichen werden – die logische Konsequenz: teurere Fahrkarten. Besonders betroffen seien Fernreisende und die Güterbranche.
Die Schienenmaut ist eine Gebühr, die Eisenbahnunternehmen für die Nutzung des Netzes zahlen müssen. Während der Regionalverkehr von gedeckelten Preisen profitiert, trifft die volle Wucht der Erhöhungen vor allem die Fern- und Güterverkehrssparten. Die betroffenen DB-Tochterunternehmen fordern seit Langem eine grundlegende Reform des Trassenpreissystems. Diese sei auch im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD angekündigt worden: „Das Trassenpreissystem reformieren wir“, heißt es dort – doch bisher bleibt es bei Absichtserklärungen.
EVG-Chef Burkert appellierte deshalb an den Bundestag: „Die Abgeordneten müssen bei den Haushaltsberatungen eingreifen und den Preishammer stoppen.“ Eine gezielte Förderung könne die steigenden Kosten dämpfen. Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge warf der schwarz-roten Koalition Untätigkeit vor: „Diese Regierung hat durch das Sondervermögen mehr Geld als jede andere Regierung vor ihr – und könnte die Preiserhöhungen verhindern.“
OZD
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OZD-Kommentar
Die Warnung der EVG ist nichts weniger als ein Weckruf – doch die Politik schläft weiter. Während Pendler und Reisende in Deutschland schon jetzt mit steigenden Energiepreisen und Lebenshaltungskosten kämpfen, rollt auf sie eine Preiswelle im Fernverkehr zu. 18 Prozent mehr Schienenmaut? Das bedeutet am Ende Fahrkartenpreise, die viele abschrecken werden – und das in einer Zeit, in der klimafreundlicher Bahnverkehr politisch angeblich Priorität hat. Es ist absurd: Statt Mobilität zu fördern, wird sie ausgebremst – durch ein überreguliertes Preissystem und eine Koalition, die auf dem Papier Fortschritt predigt, in der Realität aber kapituliert. Die Bahn verliert so weiter das Vertrauen der Bevölkerung. Und die soziale Schere im Zugang zur Mobilität geht weiter auseinander.
OZD-Analyse
1. Was steckt hinter der Schienenmaut-Erhöhung?
a) Die Schienenmaut ist eine Netzgebühr für alle Bahnunternehmen in Deutschland.
b) Da der Regionalverkehr preislich geschützt ist, tragen Fern- und Güterverkehr fast allein die Erhöhungen.
c) Die DB-Infrastrukturtochter plant nun Erhöhungen von bis zu 18 Prozent – eine enorme Belastung für die DB-Fernverkehr GmbH.
2. Welche Folgen drohen für Fahrgäste?
a) Die Fahrpreise im Fernverkehr könnten massiv steigen, laut EVG über 10 Prozent.
b) Preiserhöhungen treffen vor allem Vielfahrer, Pendler und einkommensschwächere Gruppen.
c) Die Attraktivität der Bahn könnte sinken – entgegen allen klimapolitischen Zielen.
3. Wie reagiert die Politik?
a) Im Koalitionsvertrag wurde eine Reform der Schienenmaut vereinbart – bislang ohne Umsetzung.
b) Die Grünen fordern gezielte Subventionen, die Regierung zögert.
c) Die Haushaltsverhandlungen werden zur entscheidenden Arena für diese Frage.
Was ist die Schienenmaut?
Die Schienenmaut ist eine Nutzungsgebühr für das Schienennetz, die von Eisenbahnunternehmen an den Infrastrukturbetreiber – in der Regel DB Netz – gezahlt wird. Sie dient zur Finanzierung von Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des Bahnnetzes. Im Gegensatz zur Maut auf Autobahnen für LKW betrifft die Schienenmaut auch den Personenverkehr. Sie wird jährlich angepasst und gilt als entscheidender Kostenfaktor für Bahnunternehmen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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