Donald Trump greift erneut zur Zollkeule – diesmal mit Briefpapier. An Bord der Air Force One verkündete der US-Präsident, er habe „einige Briefe unterschrieben“, die am Montag an „wahrscheinlich zwölf“ Handelspartner verschickt würden. Ziel: die Androhung massiver Strafzölle von bis zu 70 Prozent. Auch die EU steht auf der Kippe – eine Einigung war bis Sonntagabend nicht erzielt. Trump setzt bewusst auf schriftliche Ultimaten, um wirtschaftliche Zugeständnisse zu erzwingen. „Wir haben das mit dem Vereinigten Königreich gemacht, mit China – es war sehr gut für beide Seiten“, sagte er – und ließ dabei offen, welche Länder als Nächstes Post aus Washington erwarten dürfen.
Die Fristen laufen ab: Schon Dienstag endet die Schonfrist für viele Staaten, für die EU am Mittwoch. Falls es keine Einigung gibt, drohen Strafzölle in bisher ungekanntem Ausmaß. In Brüssel rechnet man mit betroffenen Exportgütern im Wert von 370 Milliarden Euro. Gegenzölle sind vorbereitet – doch die EU versucht, eine Eskalation zu vermeiden. Die Lage spitzt sich zu. Die Welt wartet auf zwölf Briefe – und einen möglichen Handelskrieg. ozd
OZD-Kommentar:
Trump schreibt Briefe – aber kein Kapitel der Diplomatie, sondern eines des wirtschaftlichen Drucks. Wenn ein US-Präsident mit bis zu 70 Prozent Zoll droht, ist das kein Verhandlungstrick mehr, sondern aggressive Abschottungspolitik. Sein Ziel ist klar: Unterwerfen durch ökonomische Drohung. Die Methode: persönliche Briefe mit Ultimatum. Es ist das geopolitische Äquivalent zum Mafia-Ansatz – freundlich formuliert, brutal gemeint. Dass Europa ruhig bleibt, ist taktisch klug, aber gefährlich. Denn Trump testet aus, wie weit er gehen kann. Der Moment für Gegenzölle, klare Kante und eine koordinierte Reaktion ist längst gekommen. Wer jetzt schweigt, liest bald den nächsten Brief – mit noch höherem Preis.
Lesermeinungen
"Trump betreibt Außenpolitik wie ein Geschäft – wer nicht zahlt, bekommt die Rechnung eben später mit 70 Prozent Zinsen. Das ist Wahnsinn." B. Dormann
Warum lässt sich Europa immer wieder an der Nase herumführen? Wenn Trump Briefe schickt, dann sollte Brüssel klare Gegensignale setzen – am besten mit eigener Zollpolitik. Peter M.
Lesermeinung 3:
Ich frage mich, wie lange andere Länder sich diese Erpressung noch gefallen lassen. Trumps Methoden erinnern eher an Erpresserpost als an Verhandlungen. Laslo
OZD-Analyse
Mit der Ankündigung, zwölf Briefe an Handelspartner zu verschicken, erreicht Trumps Zollstrategie eine neue Form der Inszenierung – eine Mischung aus wirtschaftlichem Ultimatum und persönlichem Machtspiel. Statt auf multilaterale Gespräche zu setzen, bevorzugt der Präsident den direkten Druck: Schriftlich, konfrontativ, autoritär. Dabei ist die Botschaft klar: Wer nicht spurt, zahlt. Die Drohkulisse ist massiv – Zölle bis zu 70 Prozent, gezielte Strafmaßnahmen gegen Produkte wie Autos, Stahl, Aluminium und digitale Dienstleistungen. Die EU ist erneut besonders stark betroffen, da die bestehenden US-Zölle bereits Waren im Wert von 370 Milliarden Euro treffen. Brüssel versucht zwar, mit Verhandlungen eine Eskalation abzuwenden, doch die Zeit wird knapp: Die Schonfrist läuft am Mittwoch aus. Gleichzeitig bereitet man Gegenzölle vor, zögert jedoch, sie inmitten der Gespräche anzuwenden. Trumps Vorgehen ist nicht neu, aber zunehmend radikaler. Seit Anfang April droht er systematisch mit neuen Aufschlägen – nur um sie für einzelne Länder kurzfristig wieder abzusenken und sie so in Verhandlungen zu zwingen.
Ein bewusster Taktikwechsel, der das multilaterale Handelssystem untergräbt. Trump sieht die internationale Wirtschaftsordnung nicht als Partnerschaft, sondern als Nullsummenspiel: Was der eine gewinnt, muss der andere verlieren. Besonders brisant ist seine Methode der selektiven „Briefe“, die Verhandlungen durch Druck ersetzt. Im Vergleich zu früheren US-Regierungen ist dieser Kurs nicht nur konfrontativer, sondern unberechenbar. Auch innerhalb der Republikanischen Partei regt sich zunehmend Widerstand gegen diese Politik – angesichts wachsender Staatsschulden, sozialer Kürzungen und geopolitischer Risiken. Doch Trump setzt weiter auf Polarisierung: Wer nicht unterschreibt, wird bestraft. Für Europa bedeutet das: verhandeln unter Druck – oder endlich eine strategische Alternative zum transatlantischen Zoll-Diktat entwickeln.
Wer ist Maros Sefcovic?
Maros Sefcovic ist Vizepräsident der Europäischen Kommission und zuständiger EU-Kommissar für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau. Er koordiniert unter anderem die Verhandlungen mit den USA im Handels- und Zollbereich und gilt als pragmatischer, aber entschlossener Verhandlungsführer.
Was ist das „Big Beautiful Bill“?
Das „Big Beautiful Bill“ ist ein umfassendes Steuergesetz, das Donald Trump im Sommer 2025 unterzeichnete. Es verlängert Steuererleichterungen in Billionenhöhe, reduziert Abgaben auf Überstunden und Trinkgelder und finanziert höhere Ausgaben für Verteidigung und Grenzschutz – zulasten sozialer Sicherungssysteme.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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