Es ist ein Hoffnungsschimmer inmitten des Grauens: In Katars Hauptstadt Doha haben am Sonntag neue indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas begonnen. Über Vermittler versuchen beide Seiten, einen Weg aus der Gewalt zu finden. Im Zentrum steht ein von den USA unterstützter Vorschlag – 60 Tage Waffenruhe, Rückkehr der Geiseln, humanitäre Hilfe für den Gazastreifen. Während die Hamas bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert hat, sprach Israels Premier Benjamin Netanjahu von „klaren Anweisungen“ an seine Delegation. Am Montag will er persönlich in Washington bei US-Präsident Donald Trump vorsprechen – in der Hoffnung, Bewegung in die verfahrene Lage zu bringen. Millionen Menschen in Gaza und Israel hoffen jetzt, dass hinter verschlossenen Türen mehr geschieht als nur das diplomatische Pflichtprogramm.
OZD-Kommentar:
Wieder Gespräche, wieder Hoffnung – aber auch wieder Misstrauen. Die indirekten Verhandlungen in Doha sind das jüngste Kapitel einer politischen Tragödie, die seit Monaten Tausende Opfer fordert. Zwar ist die Bereitschaft der Hamas, „sofort“ Gespräche aufzunehmen, ein Zeichen von Bewegung. Doch wie belastbar ist das? Auf israelischer Seite agiert Benjamin Netanjahu mit einem strategischen Spagat – international als Verhandler, innenpolitisch unter Druck. Dass er ausgerechnet mit Donald Trump eine Lösung suchen will, ist angesichts der jüngsten Eskalationen mehr als brisant. Ob die USA als ehrlicher Makler oder als interessengeleiteter Player auftreten, bleibt abzuwarten. Wenn es diesmal nicht gelingt, eine echte Feuerpause durchzusetzen, könnte Doha nicht zum Wendepunkt, sondern zur nächsten verpassten Chance in einem endlosen Kreislauf aus Gewalt werden.
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OZD-Analyse
Die Aufnahme neuer indirekter Gespräche zwischen Israel und der Hamas in Doha ist ein diplomatischer Drahtseilakt. Das Szenario ist bekannt: Katar vermittelt, die USA unterstützen, beide Konfliktparteien bleiben auf Distanz – und die Menschheit wartet auf Ergebnisse. Der Vorschlag einer 60-tägigen Waffenruhe, kombiniert mit der Rückkehr von Geiseln und humanitärer Hilfe, könnte ein erster Schritt zur Deeskalation sein. Die Haltung der Hamas wirkt diesmal offener: Ihre Bereitschaft zu sofortigen Gesprächen dürfte auch dem internationalen Druck geschuldet sein. Gleichzeitig kalkuliert die Organisation mit einem humanitären Fenster, um eigene Strukturen zu sichern. Auf der anderen Seite gibt sich die israelische Regierung unter Netanjahu entschlossen – aber auch skeptisch. Netanjahus geplantes Treffen mit US-Präsident Trump in Washington signalisiert, dass Jerusalem Washingtons Druck nicht vollständig ignorieren kann – aber ob Netanjahu zu echten Zugeständnissen bereit ist, bleibt fraglich.
Die Erfolgschancen dieser Gespräche hängen letztlich nicht nur von politischen Willensbekundungen ab, sondern von der Bereitschaft, über Maximalforderungen hinauszugehen. Eine Feuerpause wäre ein humanitärer Lichtblick – aber sie müsste politisch stabilisiert werden. Doha könnte also der Ort sein, an dem sich entscheidet, ob 60 Tage Waffenruhe der Anfang vom Ende dieses Krieges sind – oder nur eine taktische Atempause.
Was ist die Hamas?
Die Hamas ist eine sunnitisch-islamistische palästinensische Organisation, die sowohl einen politischen als auch einen militärischen Arm hat. Sie wurde 1987 gegründet, regiert seit 2007 den Gazastreifen und wird von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestuft. Ziel der Hamas ist offiziell die Errichtung eines islamischen Staates auf dem Gebiet des heutigen Israel, was die Friedensbemühungen seit Jahrzehnten erschwert.
Was ist der Gaza-Konflikt?
Der Gaza-Konflikt ist Teil des israelisch-palästinensischen Dauerkonflikts. Er verschärfte sich in jüngster Zeit massiv nach dem Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023. Die darauffolgenden israelischen Militäroperationen führten zu zehntausenden Toten und einer humanitären Katastrophe im Gazastreifen. Internationale Vermittlungsversuche, darunter aus Katar, Ägypten und den USA, versuchen seither, einen Weg zur Deeskalation zu finden.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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